Das Verarbeitende Gewerbe in den USA verzeichnet den stärksten Lohnanstieg seit 1982, die Gewinnerwartungen für europäische Autozulieferer werden nach unten revidiert, und Schwedens Wirtschaft wächst im dritten Quartal um 4,7 Prozent gegenüber dem Vorjahr.
Automatisierung und Robotik: Bedeutung für US-Industrie wächst
Das Verarbeitende Gewerbe in den USA verzeichnete jüngst den stärksten Lohnanstieg seit 1982. Dennoch quittierten allein im September 337.000 Arbeiter in der fertigenden Industrie ihren Job, der höchste Wert seit dem Erfassungsstart im Jahr 2000. Aktuell sind 7,2 Prozent aller Stellen im Verarbeitenden Gewerbe unbesetzt, knapp fünf Prozentpunkte mehr als im 20-jährigen Durchschnitt. Ein baldiges Abebben des Lohndrucks scheint daher unwahrscheinlich. Entsprechend steigt der Anreiz, den Arbeitskräftebedarf mithilfe von Betriebsautomatisierungen zu reduzieren. Darauf deuten auch die seit Anfang dieses Jahres um 32 Prozent gestiegenen Importe von Industrierobotern im Vergleich zu 2019 hin. Zudem könnten die Betriebe Studien zufolge bereits mit kleinen Investitionen ihre Produktivität signifikant steigern. Für die Konzerne der Automatisierungs- und Robotikbranche, die beispielsweise im STOXX Global Automation and Robotics Index abgebildet werden, sollte der Arbeitskräftemangel sowie das steigende Lohnniveau im Verarbeitenden Gewerbe zusätzlichen Rückenwind bedeuten. Mit einem durchschnittlichen Kurs-Gewinn-Verhältnis von 28,8 auf Basis der erwarteten Gewinne des kommenden Jahres sind die im Index enthaltenen Unternehmen zwar hoch bewertet, langfristig orientierte Anleger könnten aber Rücksetzer zum sukzessiven Aufbau ihrer Position nutzen.
Europa: Autozulieferer unter Druck
Jüngst nach unten revidierte Gewinnerwartungen europäischer Autozulieferer dürften in dieser Woche bei Marktteilnehmern Befürchtungen eines Déjà-vu geweckt haben. Zumindest deuten die infolgedessen gefallenen Aktienkurse einer Vielzahl von Unternehmen der Branche darauf hin. Bereits im September hatten vereinzelte Gewinnwarnungen europäischer Kfz-Teilehersteller quasi als Vorboten die schlechten Quartalsberichte der Branche „angekündigt“. Die Gründe für den erneut getrübten Ausblick sind keine Unbekannten: Der Chipmangel belastet weiterhin die Autoverkäufe und damit die Umsätze der Autozulieferer. Gleichzeitig ist die finanzielle Situation vieler Branchenvertreter infolge anhaltenden Margendrucks zunehmend angespannt. Mangels fehlender Preissetzungsmacht gelingt es ihnen nur begrenzt, die seit Monaten hohen Energie-, Rohstoff- und Komponentenpreise an ihre Kunden – die großen internationalen Automobilhersteller – weiter zureichen. Zusätzlich hat die Omikron-Variante die Unsicherheiten bezüglich einer Normalisierung der globalen Lieferketten sowie des Halbleiterangebots erhöht. Der Druck auf Aktien europäischer Autozulieferer könnte daher in den kommenden Monaten anhalten.
Aktien Schweden: hohe Bewertung, hohe Schwankungen
Schwedens Wirtschaft wuchs im dritten Quartal um 4,7 Prozent gegenüber dem Vorjahr und um zwei Prozent im Vergleich zum Vorquartal. Haupttreiber waren sowohl der private Konsum als auch die Anlageinvestitionen mit Quartalszuwächsen von 2,4 beziehungsweise 2,6 Prozent. Das für 2022 erwartete Gewinnwachstum je Aktie der schwedischen Börse liegt mit zehn Prozent zwar über dem des breiten europäischen Marktes von acht Prozent. Mit entsprechenden Kurs-Gewinn-Verhältnissen von 18,6 und 15,6 sind schwedische Titel aber auch höher bewertet.
Schweden ist mit einer Außenhandelsquote von über 90 Prozent eine vergleichsweise offene Volkswirtschaft; das heißt, das Wirtschaftswachstum und die Umsatz- und Ertragserwartungen der dortigen Unternehmen reagieren sehr empfindlich auf Veränderungen der globalen Wachstumsdynamik. Sollte die Erholung der Weltwirtschaft im Laufe des Jahres 2022 an Dynamik gewinnen und der Druck auf die globalen Lieferketten abnehmen, dürften davon auch Schwedens Industrieunternehmen sowie Produzenten konjunkturabhängiger Konsumgüter profitieren, die zusammen rund 45 Prozent der Marktkapitalisierung der Stockholmer Börse ausmachen. Bis dahin sollten Anleger jedoch mit erhöhter Volatilität rechnen und Vorsicht walten lassen.
Automobilbranche: japanische Hersteller auf Erholungskurs
Die japanische Autoindustrie könnte sich schneller von den Lieferkettenproblemen erholen als ihre europäischen und US-amerikanischen Wettbewerber. Nach einem Einbruch um rund 50 Prozent im dritten Quartal sprang die Produktion von Pkws in Japan im Oktober um fast 28 Prozent nach oben. Die großen Fahrzeughersteller rechnen angesichts abflauender Lieferengpässe bei Halbleitern in Südostasien mit einer Normalisierung der Produktion bereits bis Jahresende. Sofern die Pandemie in der Region nicht wieder aufflammt und erneute Lockdowns ausbleiben, sollte der Output von Fahrzeugen dementsprechend weiter schnell wachsen. Die Erholung spiegelt sich am Markt wider – Aktien aus der Fahrzeugbranche performen seit Anfang Oktober um etwa 3,5 Prozent besser als der japanische Gesamtmarkt. Ich sehe für die Kurse weiteres Aufwärtspotenzial, zumal die japanischen Autobauer immer noch vergleichsweise günstig bewertet sind.
