Aktien reagieren auf erneut schärfere Corona-Restriktionen in Bayern und in Österreich, viele europäische Unternehmen Zahlen wieder mehr Dividenden, und Russlands Wirtschaft wächst laut ersten Berechnungen im dritten Quartal um 4,3 Prozent zum Vorjahr.

Neue Corona-Restriktionen: Europäische Aktien geben nach

Nachdem in Bayern und in Österreich am Freitag erneut schärfere Restriktionen verkündet wurden, trat die zu erwartende Reaktion an den Märkten ein. Die europäischen Aktienmärkte verloren; insbesondere zyklische, konjunktursensitive Titel gaben nach. Renditen von Staatsanleihen höchster Bonität sanken, und der Euro schwächte sich zum US-Dollar ab. Die Reaktion war insgesamt allerdings überschaubar und nicht zu vergleichen mit den Kurseinbrüchen aus dem Frühjahr 2020. Dies hat vor allem zwei Gründe: Zum einen sind Einschränkungen keine Neuigkeit, und Unternehmen sowie Haushalte haben sich an Beschränkungen dieser Art gewöhnt. Zum anderen dürfte jetzt die Dauer der Restriktionen kürzer ausfallen als im vergangenen Winter, als noch nicht ein Großteil der Bevölkerung geimpft war. Insofern bleibt der Ausblick für europäische Aktien trotz der in der kurzen Frist eintretenden negativen ökonomischen Effekte weiterhin positiv, obwohl mit vermehrter Volatilität gerechnet werden muss.

Moderates Dividendenwachstum in Europa

Viele europäische Unternehmen haben vergangenes Jahr wegen des Gewinneinbruchs von fast 30 Prozent ihre Dividenden gekürzt oder gestrichen. Seither haben sich ihre Gewinne kräftig erholt; 2021 sollte das Gewinnwachstum bei über 60 Prozent liegen. Die Dividenden könnten um knapp 30 Prozent steigen. Diese Entwicklung dürfte sich im kommenden Jahr fortsetzen, allerdings deutlich moderater. Analysten erwarten für 2022 ein durchschnittliches Wachstum der Gewinne in Höhe von acht Prozent und der Dividenden in Höhe von fünf Prozent. Scheinbar liegt der Fokus der Unternehmen derzeit eher auf Investitionen oder auf Übernahmen als auf Ausschüttungen. Dennoch sollte die Dividendenrendite der STOXX-600-Konzerne 2022 im Schnitt bei knapp drei Prozent liegen – deutlich mehr, als mit Staatsanleihen zu erzielen ist. Die Sektoren Automobile, Grundstoffe, Banken und Versicherungen dürften bei angemessenen Ausschüttungsraten sogar mehr als vier Prozent bieten.

CO2-Kosten: Öl- und Gasförderung wird deutlich teurer

Einige der neuen langfristigen Gas- beziehungsweise Ölförderprojekte preisen Analysten zufolge CO2-Kosten von 40 US-Dollar pro Tonne beziehungsweise von 80 US-Dollar pro Tonne ein. Das ist etwa doppelt so viel wie vor zehn Jahren und deutlich mehr als der aktuelle globale Durchschnitt von rund fünf US-Dollar pro Tonne. Das könnte jedoch nicht ausreichen: Bei einer Umfrage im Vorfeld der Klimakonferenz COP 26 gaben 28 Klimaökonomen im Mittel an, dass zum Erreichen der Klimaneutralität bis 2050 ein sofortiger Preisanstieg auf 100 US-Dollar pro Tonne CO2 nötig sei. Die höheren Kosten sollen ein jähes Ende der Exploration neuer Kohlenwasserstoffquellen herbeiführen und den Übergang zu nachhaltigen Energien beschleunigen. Global steigende CO2-Preise könnten zukünftig insbesondere die Profitabilität älterer fossiler Förderprojekte belasten. Daher rate ich langfristig orientierten Anlegern dazu, Energiewerte mit Nachhaltigkeitsstrategien zu präferieren. Hierzu zählen beispielsweise Investitionen in Erneuerbare Energien oder der Aufbau von Kapazitäten zur Abscheidung und Speicherung von Kohlenstoff.

Russland: Kurspotenzial begrenzt

Laut vorläufigen Berechnungen der staatlichen Statistikbehörde Russlands, Rosstat, wuchs die dortige Wirtschaft im dritten Quartal um 4,3 Prozent zum Vorjahr. Die im Jahresverlauf stark gestiegenen Rohstoffpreise – insbesondere die von Erdöl – hatten Russlands Wirtschaftsleistung bereits nach dem ersten Halbjahr über ihr Vor-Pandemie-Niveau zurückgebracht und dürften auch im abgelaufenen Quartal maßgebliche Wachstumstreiber gewesen sein. Russlands Aktienbörse weist im laufenden Jahr eine beachtliche Performance von rund 40 Prozent in Euro aus. Allerdings sind die Kurse seit Ende Oktober um rund vier Prozent gefallen, was vor allem an der hohen Abhängigkeit vom seither zurückgegangenen Ölpreis liegen dürfte.
Gemessen an der Marktkapitalisierung machen Energie- und Rohstoffwerte mehr als 60 Prozent der Moskauer Börse aus. Diese ist zwar mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 6,1 auf Basis der für 2022 erwarteten Gewinne recht günstig bewertet; dennoch halte ich das Kurspotenzial in den kommenden Monaten für begrenzt – zumindest solange der Ölpreis nicht deutlich über die zuletzt gesehenen Höchststände steigt.