Die Inflationserwartungen steigen, der Goldpreis klettert über 1.875 US-Dollar je Feinunze, und der kanadische S&P/TSX Composite Index steigt von Rekordhoch zu Rekordhoch.

Aktuelle Umfrage: Vertrauen in die US-Geldpolitik gesunken

Mit den aktuellen Inflationsraten sind auch die Prognosen für die künftige Entwicklung der Verbraucherpreise nach oben geschossen. Laut einer Befragung der Universität Michigan erwarten Privathaushalte in den USA für die kommenden fünf bis zehn Jahre eine Inflationsrate von 3,7 Prozent pro Jahr. Das liegt deutlich über dem Zielwert der Notenbank von zwei Prozent. Dass immer weniger der Fed zutrauen für Preisstabilität zu sorgen, zeigt auch eine andere Umfrage: Danach haben 43 Prozent der Befragten ihr Vertrauen in die US-Geldpolitik in den vergangenen fünf Jahren verloren – einen ähnlich starken Vertrauensschwund gab es zuletzt im Umfeld der Weltfinanzkrise. Eine Verankerung der Inflationserwartungen und Vertrauen in die Geldpolitik sind für eine stabile Entwicklung von Wirtschaft und Märkten meines Erachtens unerlässlich. Die Fed könnte daher – um glaubwürdig zu bleiben – gezwungen sein, die Leitzinsen nach dem voraussichtlichen Ende der Anleihekäufe Mitte 2022 schneller und stärker anzuheben als von ihr aktuell signalisiert. Insbesondere die Kurse von US-Staatsanleihen mit einer kurzen bis mittleren Laufzeit dürften in einem solchen Umfeld unter Druck geraten.

Inflation treibt den Goldpreis

Erstmals seit Juni kletterten die Goldpreise über die Marke von 1.875 US-Dollar je Feinunze; in Euro erzielten sie sogar ein 15-Monats-Hoch. Gold wird momentan als „Inflationsschutz“ stark nachgefragt. Bereits vor Veröffentlichung der US-Verbraucherpreisinflation – die mit 6,2 Prozent höher als erwartet ausfiel – hatten sich spekulativ orientierte Großanleger an den US-Terminmärkten mit Kaufpositionen in Gold positioniert. Das Volumen der entsprechenden Kontrakte war kurz zuvor sprunghaft auf das höchste Niveau seit Jahresbeginn angestiegen. Nachdem die US-Inflationsrate veröffentlicht worden war, fielen die Realzinsen – die Nominalzinsen abzüglich der erwarteten Inflation – deutlich, weshalb es zu Anschlusskäufen kam. Viele Marktbeobachter erwarten in absehbarer Zeit einen Anstieg der Nominalzinsen und möglicherweise erste Leitzinserhöhungen der US-Notenbank in der zweiten Jahreshälfte 2022. Dies könnte den Anstieg der Goldpreise ebenso wie der momentan aufwertende Kurs des US-Dollar mittelfristig ausbremsen. Auf kurze Sicht lässt die starke Nachfrage weitere Kursanstiege möglich erscheinen.

Aktien: kanadische Titel gestärkt

Der kanadische S&P/TSX Composite Index steigt von Rekordhoch zu Rekordhoch. Unternehmen der Finanzindustrie – die nach Marktkapitalisierung rund 30 Prozent des Index ausmachen – profitieren von steigenden Kapitalmarktzinsen.
Wenngleich die Inflationsrate in Kanada mit 4,7 Prozent im Oktober noch ein Stück unter den 6,2 Prozent der USA liegen dürfte, preisen die Märkte schnellere Zinserhöhungen in Kanada ein. Die Rendite zweijähriger Staatsanleihen ist deshalb in Kanada mit knapp einem Prozent nahezu doppelt so hoch wie in den USA. Ölfirmen – die nach Marktkapitalisierung rund zwölf Prozent des Index ausmachen – profitierten von dem Preisanstieg der Sorte Western Canadian Select um mehr als 90 Prozent seit Jahresbeginn; Goldminengesellschaften kommen steigende Goldpreise zugute. Mit einem für 2021 erwarteten Kurs-Gewinn-Verhältnis von 16,4 ist der kanadische S&P/TSX Composite Index günstiger bewertet als der US-amerikanische S&P 500 mit 23,4. Zwar erwarten Analysten für den kanadischen Index 2022 mit 6,4 Prozent auch ein geringeres Gewinnwachstum je Aktie als für den S&P 500 mit 8,1 Prozent. Aber dennoch könnte er auch im kommenden Jahr ähnliches Potenzial aufweisen wie sein US-amerikanisches Pendant.

Welthandel: Containerfracht vergünstigt

Die Premiumrate für die kurzfristige Verschiffung von 40-Fuß-Standardcontainern von China an die US-Westküste ist im Vergleich zur Vorwoche um rund 20 Prozent auf knapp 15.000 US-Dollar gefallen, liegt aber immer noch dreieinhalbmal so hoch wie zu Jahresbeginn. Der Rückgang fällt mit dem Ausklingen der Hauptsaison der Pazifikroute zusammen, die im August mit der Verschiffung der US-Weihnachtsartikel beginnt. Da mittlerweile die meisten Container unterwegs oder entladen sind, drückt die nachlassende Nachfrage nach Transportkapazitäten die Pazifik-Frachtraten. Darüber hinaus ist der Anteil der mit einem zeitlichen Vorlauf geschlossenen Transportverträge – sogenannte Kontraktraten – spürbar gestiegen. Diese sind auch deshalb günstiger als Premiumraten, weil sie von der Reederei direkt mit dem Exporteur oder dem Importeur geschlossen werden. Die für 2022 und 2023 erwarteten Zuwächse von Kontraktraten beziffern einige Reedereien sogar mit mehr als 100 Prozent. Keine guten Aussichten für die dabei leer ausgehenden Spediteure. Umso besser jedoch für Reedereien, die über die Ausweitung ihres Geschäftsmodells die Ertragskraft steigern können.