Die europäische Berichtssaison nähert sich dem Ende, der Wechselkurs Euro/US-Dollar erreicht den tiefsten Stand 2021, und der Internationale Währungsfonds erwartet für Malaysias Wirtschaft 2022 ein reales Wachstum von sechs Prozent.

Berichtssaison Europa: Gewinnwachstum beachtlich

Die Berichtssaison in Europa nähert sich dem Ende. Von den Unternehmen des STOXX 600, die vierteljährlich Geschäftszahlen berichten, haben inzwischen fast 90 Prozent ihre Zahlen vorgelegt. Die bisher veröffentlichten Gewinne übertrafen die Analystenerwartungen im Schnitt deutlich um elf Prozent und liegen knapp 45 Prozent höher als im Vorjahresquartal. Selbst ohne die Gewinne der Energieunternehmen – die sich verfünffacht haben – fällt das Gewinnwachstum mit 30 Prozent immer noch beachtlich aus.
Auch die Umsätze fielen höher aus als prognostiziert; im Schnitt jedoch nur um vier Prozent. Daraus folgt, dass die Analysten mit niedrigeren Margen gerechnet hatten. Offenbar schaffen es die Unternehmen jedoch bisher überraschend gut, gestiegene Kosten für Rohstoffe, für Energie und für Transporte an ihre Kunden weiterzugeben. Angesichts robuster Konjunkturaussichten und der hohen Nachfrage erwarte ich, dass die Konzerne auch im kommenden Jahr ihre Margen halten und ihre Gewinne steigern können. Moderate Kurssteigerungen für den STOXX 600 sollten somit möglich sein.

USA: gemischte Aussichten für den Einzelhandel

Die heutigen US-Einzelhandelsdaten werden einen Einblick erlauben, wie es um den US-Konsum kurz vor Beginn des traditionell wichtigen Weihnachtsgeschäfts steht. Marktbeobachter erwarten eine positive Entwicklung der Oktober-Zahlen im Vergleich zum Vormonat, obwohl das US-Verbrauchervertrauen wegen des anhaltenden Inflationsdrucks signifikant nachgegeben hat. Dies hat vor allem zwei Gründe: Einerseits könnten Meldungen über Lieferengpässe dazu geführt haben, dass US-Konsumenten ihre Weihnachtseinkäufe dieses Jahr deutlich früher erledigt haben; andererseits sollten die seit Pandemiebeginn akkumulierten Ersparnisse der Privathaushalte in Höhe von rund 2,3 Billionen US-Dollar stützend gewirkt haben. Ich erwarte, dass vor allem das erhöhte Haushaltsvermögen den Privatkonsum über die kommenden Monate tragen wird. Insbesondere Konsumgüterhersteller – beispielsweise von Luxusgütern oder von Unterhaltungselektronik – könnten von dieser Sondersituation profitieren. Da allerdings die Lieferkettenprobleme weiterhin eine Belastung darstellen, bleibt der Ausblick für den Sektor gemischt.

US-Dollar gestärkt

Der Wechselkurs des Euro zum US-Dollar sank vergangene Woche unter 1,15 US-Dollar je Euro und erreichte damit den tiefsten Stand 2021. Die Gründe hierfür sind vielfältig: Einerseits haben sich die volkswirtschaftlichen Daten zuletzt in den USA relativ zu denen in Europa besser entwickelt als erwartet; andererseits sind gerade die Renditen kurzlaufender Staatsanleihen in den USA stärker gestiegen als in Europa und haben damit festverzinsliche Anlagen in US-Dollar relativ attraktiver gemacht. Da die Wirtschaft in Europa jedoch im kommenden Jahr stärker wachsen sollte als in den USA, dürfte der Euro wieder an Stärke gewinnen. In einem solchen Umfeld rate ich von Aktien europäischer Gesundheitsunternehmen eher ab. Da diese circa 40 Prozent ihrer Umsätze in den USA erwirtschaften, sinken ihre bilanzierten Gewinne, wenn der Greenback abwertet. Auch deshalb haben sich Gesundheitsaktien in Zeiten eines schwachen US-Dollar häufig schlechter entwickelt als der Gesamtmarkt.

Potenzial für malaysische Aktien

Malaysias Wirtschaft fiel im dritten Quartal mit saisonbereinigt minus 3,6 Prozent gegenüber dem Vorquartal überraschend stark zurück. Weder ein Anstieg der Staatsausgaben noch eine leichte Erholung des Privatkonsums konnten den Rückgang der Exporte um 9,5 Prozent gegenüber dem Vorquartal kompensieren. Immerhin tragen Malaysias Exporte rund 65 Prozent zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) bei. Jüngste monatliche BIP-Daten zeigen allerdings eine deutliche Erholung im September, die im vierten Quartal an Schwung gewinnen sollte. Denn 75 Prozent vollständig Geimpfte lassen auf anhaltende Lockerungen der Kontakt- und Reisebeschränkungen hoffen, was insbesondere den Dienstleistungssektor beflügeln würde. Und die zuletzt hohe Kapazitätsauslastung des Verarbeitenden Gewerbes dürfte bei vollen Auftragsbüchern auch dem Export in den kommenden Monaten zu neuem Schwung verhelfen. Insgesamt also gute Voraussetzungen für die malaysische Wirtschaft, das vom Internationalen Währungsfonds (IWF) für 2022 erwartete reale Wachstum von sechs Prozent zu erreichen. Malaysische Aktien sind mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von gut 15 auf Basis der für 2022 erwarteten Gewinne zwar etwas teurer als der Schnitt der asiatischen Schwellenländer mit 13,5 – einen Blick könnte der Nischenmarkt aber allemal wert sein.