Firmen in den USA und in Europa legen ihre Ergebnisse für das dritte Quartal vor, im Laufe dieser Woche stehen einige Zentralbanktreffen auf der Agenda, und bei den Unterhauswahlen in Japan verteidigt die Liberaldemokratische Partei ihre deutliche Mehrheit.

Berichtssaison: hohe Gewinne in den USA, gute Aussichten für Europa

Nach Marktkapitalisierung haben inzwischen drei Viertel des S&P 500 ihre Ergebnisse zum dritten Quartal veröffentlicht. Seit meiner letzten Bestandsaufnahme hat sich der Anteil der Unternehmen, deren Gewinne die Analystenerwartungen übertroffen haben, kaum verändert und liegt weiterhin ungewöhnlich hoch bei gut 80 Prozent. Allerdings übertreffen die aggregierten Gewinne die Prognosen inzwischen nur noch um knapp acht Prozent – in den vergangenen fünf Berichtssaisons lag dieser Wert noch zwischen 14 und 20 Prozent. Gleichzeitig fällt auf, dass die Analysten ihre Gewinnprognosen trotz der guten Quartalsergebnisse für 2022 nur minimal angehoben haben. Abzüglich positiver Anpassungen für den Energiesektor sind die Erwartungen sogar leicht um 0,4 Prozent gesunken.
Anders sieht es in Europa aus, wo bisher knapp 60 Prozent des STOXX 600 Zahlen vorgelegt haben. Während die Unternehmen die Erwartungen bislang ebenfalls geringfügiger übertroffen haben als noch in den vergangenen fünf Quartalen (plus 9 Prozent gegenüber 17 bis 28 Prozent), haben die Analysten ihre Prognosen für die Gewinne des Index im kommenden Jahr vergleichsweise deutlich um 0,8 Prozent angehoben. Besonders positiv fielen die Revisionen in den Sektoren Energie (plus 5,4 Prozent), Versorger (plus 1,7 Prozent), Finanzen (plus 1,5 Prozent) und IT (plus 1,3 Prozent) aus. Im Gegensatz zum S&P 500 hat der STOXX 600 die Verbesserung der Gewinnaussichten im laufenden Jahr nicht vollständig nachvollzogen. Entsprechend ist die Bewertung des Index bereits wieder auf ihr Vorkrisenniveau gesunken, während der S&P 500 seit März 2020 mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von über 20 gehandelt wird – dem höchsten Wert seit der Dotcom-Blase. Vor diesem Hintergrund sehe ich aktuell in Europa mehr Kurspotenzial als in den USA.

Aktienmärkte trotzen steigenden Anleiherenditen

Neben der Sitzung der US-Notenbank Fed stehen im Laufe dieser Woche die Treffen weiterer Zentralbanken auf der Agenda, die an den Märkten mit Spannung erwartet werden. Am Mittwoch könnte es in Polen zu einer weiteren Zinsanhebung kommen, nachdem die Inflationsrate im Oktober mit 6,8 Prozent deutlich über den Zielkorridor der Notenbank – der bei maximal 3,5 Prozent liegt – anstieg. Uneins sind sich Marktbeobachter, ob die Bank of England am Donnerstag ebenfalls die geldpolitischen Zügel anziehen wird. Einige Analysten gehen nun von einem ersten Zinsschritt um 0,15 Prozentpunkte auf 0,25 Prozent aus. Die Markterwartungen spiegeln sich in den Renditen zweijähriger Staatsanleihen wider, die insbesondere in Australien und in Polen, aber auch in den USA und in Großbritannien im Oktober deutlich angestiegen sind. In der Vergangenheit belasteten höhere Kapitalmarktzinsen häufig die Aktiennotierungen.
Gängige Bewertungsmodelle diskontieren zukünftige Gewinne dann nämlich mit den höheren Zinssätzen ab. Momentan scheinen die Aktienmärkte mit dem höheren Renditeniveau jedoch gut auskommen zu können. Der S&P-500-Index kletterte zum Beispiel erstmals über die Marke von 4.600 Punkten.

Japan: Wahlergebnis befeuert die Aktienkurse

Bei den Unterhauswahlen in Japan am vergangenen Sonntag verteidigte die von Premierminister Fumio Kishida geführte Liberaldemokratische Partei (LDP) ihre deutliche Mehrheit. Umfragen im Vorfeld ließen am Erfolg der Partei Zweifel aufkommen und prophezeiten bestenfalls ein Ergebnis von knapp 50 Prozent der Stimmen. Letztlich verlor die LDP nur 15 ihrer zuvor 276 Sitze und behält damit 56,1 Prozent des Repräsentantenhauses unter Kontrolle. Ihr Koalitionspartner, die buddhistische Kōmeitō, konnte ihren Einfluss sogar leicht ausbauen. Damit wird das Bündnis auch weiterhin alle 17 Kabinettsmitglieder stellen, wodurch die zukünftige politische Entscheidungsfindung erleichtert werden sollte. Dem geplanten Fiskalpaket mit einem Volumen von 30 Billionen Yen dürfte damit wenig entgegenstehen. Die Mittel könnten unter anderem in die Förderung der digitalen Transformation und der sauberen Energien fließen. Bargeldauszahlungen an Familien mit Kindern sowie Subventionen für Reisen könnten die Binnennachfrage zusätzlich ankurbeln. Anleger zeigten sich über den Erfolg der LDP erfreut und beförderten den TOPIX im Laufe des gestrigen Tages um knapp 2,2 Prozent nach oben.