Anleihe-Investoren müssen weitere Kursverluste befürchten, US-Aktien haben eine beeindruckende Rally hingelegt, und europäische Energieaktien sind einen Blick wert.

Anleihemärkte: Sorgen um Geldpolitik und China

Globale Anleihe-Investoren stehen derzeit vor ihrem schlechtesten Jahr seit mehr als zwei Jahrzehnten. Der Bloomberg Global Aggregate Index, eine globale Benchmark für Staats- und Unternehmensanleihen, hat seit Jahresbeginn 4,1 Prozent verloren – davon allein im September 1,8 Prozent. Die Anleihemärkte weltweit treibt vor allem die Sorge um, die Zentralbanken könnten die Inflationsrisiken unterschätzen und dann die Zinsen stärker anheben müssen, als sie selbst heute glauben. Aber höhere Zinsen sind momentan nicht die einzige Sorge der Anleihe-Investoren: Mögliche Zahlungsausfälle chinesischer Immobilienentwickler haben zu hohen Verlusten chinesischer Junk-Bonds geführt und die Kurse asiatischer Schwellenländeranleihen insgesamt unter Druck gesetzt. Weiterhin hohe Energiepreise, anhaltende Unsicherheiten in China und auch die noch nicht geklärte Diskussion über die US-Schuldengrenze dürften die Nervosität an den internationalen Anleihemärkten auch in den kommenden Wochen hochhalten. Das könnte für weitere Kursverluste sorgen, vor allem bei Staatsanleihen und Unternehmensanleihen im Investment Grade.

Berichtssaison: S&P 500 vor Verschnaufpause?

Seit Monaten scheint der US-Aktienmarkt nur eine Richtung zu kennen. Der letzte Rücksetzer von mehr als fünf Prozent liegt inzwischen fast 230 Handelstage zurück. Seit 1930 gab es nur acht längere Rallys. Ein Grund für die beeindruckende Kursstabilität des Index ist, dass US-Unternehmen in den fünf zurückliegenden Berichtssaisons die Analystenerwartungen an die Gewinne mit 14 bis 21 Prozent ungewöhnlich stark übertroffen haben. Ähnlich deutliche Überraschungen erwarte ich von den Ergebnissen des dritten Quartals, die ab kommender Woche eintrudeln, jedoch nicht. Die abnehmende Konjunkturdynamik, der stärkere US-Dollar, die steigenden Energiepreise und die sich auf hohem Niveau stabilisierenden Gewinne der US-Tech-Riesen dürften dazu geführt haben, dass die Gewinne etwa so hoch wie im zweiten Quartal ausgefallen sind. Damit lägen sie weniger als zehn Prozent über den Erwartungen der Analysten, die aktuell sogar einen leichten Gewinnrückgang prognostizieren. Gut möglich, dass der S&P 500 eine Verschnaufpause einlegt, sollten die gewohnt deutlichen Gewinnüberraschungen in der anstehenden Berichtssaison ausbleiben.

Südkorea: starke Exporte, durchwachsener Ausblick

Südkoreas Exporte stiegen im September um 16,7 Prozent gegenüber dem Vorjahr und übertrafen damit die Erwartungen. Die starken Zahlen sind auch den Preissteigerungen von Halbleitern und petrochemischen Produkten, beides wichtige Exportgüter Südkoreas, geschuldet, die beispielsweise die geringeren Autoverkäufe kompensieren konnten. Analysten erwarten für das vierte Quartal aufgrund von auslaufenden Basiseffekten und weiterhin gestressten globalen Lieferketten eine abnehmende Exportdynamik. Aber auch die schwächere Industrieproduktion in China infolge der sich möglicherweise noch ausweitenden Stromkrise dürfte die Wachstumsaussichten der südkoreanischen Exporteure in den kommenden Monaten belasten. Der seit Mitte des Jahres anhaltende Abwärtstrend des südkoreanischen Aktienmarktes könnte daher noch nicht zu Ende sein. Sobald die globalen Lieferketten wieder im Lot sind und die Erholung der Weltwirtschaft an Schwung gewinnt, sollte aber auch Südkoreas Exportwirtschaft davon profitieren und für Aufholpotenzial an Südkoreas Börse sorgen.

Europas Energiesektor setzt auf grüne Themen

Im Gegensatz zu ihren US-amerikanischen Pendants haben europäische Mineralölkonzerne die Energiewende bereits eingeleitet. Rund 20 Prozent des Investitionsbudgets verwenden die heimischen Ölunternehmen für die Reduktion ihres CO2-Abdrucks. Mittlerweile erreichen die grünen Geschäftsfelder rund um nachhaltige Energien und Biotreibstoffe eine beachtliche Größe von im Schnitt etwa sieben Prozent des Unternehmenswertes. Trotz seiner zukunftsorientierten Ausrichtung verharrt die Bewertung des europäischen Energiesektors im Vergleich zum breiten Markt nahe am Rekordtief.
Mit einem KGV von 10 auf Basis der erwarteten Gewinne der kommenden zwölf Monate sind die Aktien der europäischen Energiekonzerne gut 38 Prozent günstiger bewertet als der Markt. Entsprechend sehe ich hier Aufholpotenzial. Zusätzlich könnten die Energiepreise mit dem Winter weiter steigen und sich positiv auf die Aktienkurse auswirken. Zudem könnten die Energiewerte das Depot gegen Inflation und die damit möglicherweise einhergehenden sinkenden Margen anderer Sektoren absichern. Vor diesem Hintergrund halte ich Aktien europäischer Energiekonzerne für aussichtsreich.