Deutschland hat gewählt, wobei die Amtsinhaberin Angela Merkel bekanntlich nicht mehr kandidierte. Mit umso mehr Spannung wurde das Ergebnis erwartet. Nach dem vorläufigen Ergebnis sind eine weitere Große Koalition, eine „Ampel“- oder eine „Jamaika“-Koalition möglich, ebenso wie rein hypothetisch „Deutschland“ und „Kenia“. Wirtschaft und Finanzmärkte dürften sich auf das knappe Ergebnis eingestellt haben. Viele Unternehmen sind heute beispielsweise beim Klimaschutz weiter als die Politik. Größere Bewegungen bei Anleiherenditen, beim Euro oder bei Aktien erwarte ich infolge der Wahl nicht.

Polen: Zinsanhebung könnte Finanzsektor stützen

In Polen kletterte die Inflationsrate im August auf 5,5 Prozent, den höchsten Wert seit Juni 2001. Die Kerninflation – also die um Energie- und Lebensmittelpreise bereinigte Preissteigerung – lag mit 3,9 Prozent im August erneut über der von der polnischen Notenbank (Narodowy Bank Polski; NBP) ausgegebenen Obergrenze von 3,5 Prozent. Des Weiteren machten die Erzeugerpreise im August mit 9,5 Prozent im Jahresvergleich den höchsten Sprung seit März 2011. Verantwortlich waren neben den bereits erwähnten Energiekosten auch teurere Rohstoffe sowie höhere Löhne. Die Anzeichen für eine strukturell höhere Inflation dürfte auch die NBP zur Kenntnis genommen haben. Einige Analysten erwarten daher bereits im Oktober eine erste Leitzinsanhebung von aktuell 0,1 auf 0,25 Prozent und eine zweite im November auf 0,5 Prozent; 2022 könnten weitere folgen. Davon dürften sowohl der polnische Złoty als auch der Finanzsektor profitieren, der gemessen an der Marktkapitalisierung knapp 40 Prozent des polnischen Aktienmarktes ausmacht. Mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von 13 auf Basis der für die kommenden zwölf Monate prognostizierten Gewinne ist die polnische Börse allerdings teurer als der Durchschnitt der europäischen Schwellenländer mit einem KGV von 7.

China: Immobilienmarkt belastet Aufzughersteller

Die Symptome des aktuell kränkelnden chinesischen Immobilienmarktes dürften sich auf andere Branchen ausbreiten. Ein Beispiel ist der globale Markt für Aufzüge, mit einem Volumen von 75 Milliarden US-Dollar im Jahr 2020. Rund 35 Prozent der weltweit verbauten Fahrstühle und 62 Prozent aller Neuinstallationen gehen auf das Konto des Reiches der Mitte. Mit der Schuldenproblematik bei chinesischen Bauträgern sowie der Regulierungsoffensive der Regierung haben sich Frühindikatoren der Liftnachfrage eingetrübt. Die Grundstückserwerbe gingen im August im Vergleich zum selben Monat des Vorjahres um 14 Prozent zurück, während Baubeginne von Wohnimmobilien gemessen an der Grundfläche der Bauprojekte um knapp 15 Prozent sanken. Zwar sind die Bestände an verfügbarem Wohnraum dank einer robusten Nachfrage im Vergleich der letzten zehn Jahre gering, die jüngsten Verwerfungen dürften den Immobiliensektor aber dennoch belasten und sich negativ auf die Aktienkurse globaler Aufzughersteller auswirken. Dementsprechend empfehle ich, besagte Titel vorerst zu meiden und auf Erholungszeichen des chinesischen Hausmarktes zu warten.

Taiwan: Wachstum hält an

Taiwans Exporte – ein vielbeachteter Frühindikator für die globale Nachfrage nach Technologiegütern – wuchsen im August gegenüber dem Vorjahr um 17,6 Prozent. Damit setzte sich der seit 18 Monaten anhaltende Wachstumstrend zwar fort, die Wachstumsdynamik nahm saisonbereinigt mit minus drei Prozent gegenüber dem Vormonat jedoch ab. Hauptgrund dürfte die zuletzt schwächere globale Nachfrage nach Smartphones, nach Tablets und nach Laptops gewesen sein, was im Vergleich zum Juli für geringere Umsätze der Halbleiterindustrie – Taiwans Schlüsselbranche – sorgte. Die Wachstumsaussichten für Taiwans Wirtschaft sind unverändert positiv: sechs Prozent im laufenden sowie knapp vier Prozent im kommenden Jahr. Nach Überwinden der aktuellen Lieferengpässe könnte die Erholung der Weltwirtschaft im Laufe des kommenden Jahres wieder an Dynamik gewinnen. Davon sowie von zunehmender Digitalisierung und Automatisierung dürften Taiwans Chiphersteller und Tech-Unternehmen profitieren, die mehr als 70 Prozent der Marktkapitalisierung des Gesamtmarktes ausmachen. Das für 2022 und 2023 erwartete durchschnittliche Kurs-Gewinn-Verhältnis taiwanischer Aktien liegt mit 14 dabei im Mittel der asiatischen Schwellenländer.

Edelmetalle: Palladiumpreis im freien Fall

Die Notierungen des Edelmetalls Palladium fallen seit einigen Wochen. Anfang Mai war das weiße Metall noch zu einem Rekordpreis von fast 3.020 US-Dollar je Feinunze und im Juli bei knapp 2.900 US-Dollar je Feinunze umgesetzt worden; zu Beginn vergangener Woche notierte es bei 1.850 US-Dollar je Feinunze.
Zurückzuführen ist der Preisverfall auf den Mangel an Chips, der die Automobilproduktion momentan ausbremst. Beispielsweise wurden in Europa im August rund 19 Prozent Personenkraftwagen weniger zugelassen als im Vorjahresmonat. Da rund 80 Prozent des weltweit nachgefragten Palladiums zur Herstellung von Katalysatoren verwendet werden, rutschten die Preise infolge der mangelnden Nachfrage aus der Autoindustrie abwärts. Spekulativ orientierte Investoren sind an der New Yorker Terminbörse zudem rekordhohe Leerverkaufspositionen eingegangen, was den Preisdruck zusätzlich verstärkte. Zwar dürfte mittelfristig Palladium wieder Aufwärtspotenzial besitzen. Solange jedoch kein Ende der Chipknappheit in Sicht ist, würde ich bei Kaufpositionen in Palladium noch Vorsicht walten lassen.