Nach der Sitzung des geldpolitischen Rates deutete Fed-Chef Jerome Powell einen möglichen Ausstieg aus der extrem lockeren US-Geldpolitik vor dem Jahresende an. Das Kaufprogramm für Wertpapiere könnte zum Jahresende zurückgefahren werden. Noch wichtiger scheint allerdings, dass auch die Stimmen zur ersten Leitzinsanhebung schon im Jahr 2022 erstmalig in Pro und Contra gleich verteilt sind. Powell sagte, dass ein Ende des Kaufprogramms Mitte des nächsten Jahres angemessen erscheine. Dies bedeute allerdings nicht, dass unmittelbar danach Zinsschritte erfolgen müssten. Zwar wurden die Wachstumsprognosen für 2021 von sieben auf 5,9 Prozent gesenkt, für die folgenden Jahre allerdings angehoben. Auch die Inflation wird nicht nur in diesem Jahr, sondern auch in den kommenden Jahren über der Zielmarke von zwei Prozent erwartet. Während sich die Zinskurve – also die Renditedifferenz zwei- und zehnjähriger Staatsanleihen – wegen eines Anstiegs am kurzen Ende verflachte, zog der Aktienmarkt kräftig an. Der US-Dollar ging nach deutlichen Schwankungen fester aus dem Handel.

USA: Aufholpotenzial bei Nebenwerten

Anhaltende politische Auseinandersetzungen über den neuen US-Bundeshaushalt sowie über die Schuldenobergrenze schüren zunehmend die Sorge vor einem Government-Shutdown – also der Schließung von US-Bundesbehörden – ab dem 1. Oktober und negativen Marktreaktionen. Seit 1980 gab es in den USA immerhin 14 Shutdowns, wobei die letzten fünf im Schnitt gut 15 Tage andauerten. Signifikante Kursreaktionen auf Shutdowns lassen sich seit 1980 allerdings weder auf breiter Markt- noch auf Branchenebene erkennen. Vielmehr war das jeweilige makroökonomische Umfeld bestimmender, wie beispielsweise beim Shutdown Mitte 2011, als der S&P 500 vor allem infolge der europäischen Schuldenkrise sowie eines nachlassenden globalen Wirtschaftswachstums nachgab. Deutlicher dürfte ein Shutdown Unternehmen belasten, deren Umsatzanteil an US-Bundesinstitutionen 20 Prozent oder mehr beträgt. Diese mittelgroßen Firmen sind zu 80 Prozent im Gesundheits- sowie im Industriesektor zu finden und bleiben seit Jahresbeginn mit einer durchschnittlichen Kurssteigerung von acht Prozent hinter dem Mid-Cap-Index S&P 400 zurück, der um 14 Prozent stieg. Nach einer politischen Einigung in Washington könnten Anleger vom Aufholpotenzial dieses Marktsegments profitieren.

US-Hausbauer können steigende Kosten weiterreichen

Die Aktienkurse US-amerikanischer Hausbauer sind trotz anhaltend hohem Wohnraumbedarf seit Mitte April im Durchschnitt um 13 Prozent gefallen.
 
Gründe hierfür sind Lieferengpässe bei Baumaterialien sowie die im Vergleich zu den Hauspreisen überproportional gestiegenen Baukosten. Die Rekordpreise scheinen den Hunger nach Immobilien allerdings nicht signifikant zu dämpfen. Darauf deuten auch die Baubeginne sowie die Baugenehmigungen im August hin, deren Anzahl um 3,9 beziehungsweise um sechs Prozent gegenüber dem Vormonat deutlich zulegte. Ein durch Homeoffice angeheizter Trend zur Zweitwohnung sowie eine große Zahl Millennials mit Eigenheimwunsch absorbierten das verfügbare Angebot an Neubauten gänzlich und führten zum größten Rückstau an Hausbauprojekten seit mehr als 40 Jahren. Während die Baukosteninflation allmählich nachlässt, ist bei der hohen Immobiliennachfrage kein jähes Abflauen in Sicht. Vor diesem Hintergrund erwarte ich bei den US-Hausbaukonzernen wieder anziehende Margen und halte das Kurs-Gewinn-Verhältnis ihrer Aktien von sieben auf Basis der erwarteten Gewinne in den kommenden zwölf Monaten für eine günstige Bewertung.

„Rising Stars“ am US-Anleihemarkt

Die Kreditqualität vieler Schuldner am US-Markt für Unternehmensanleihen hat sich 2021 trotz weiterhin grassierender Coronavirus-Pandemie überraschend schnell verbessert. Bis dato wurden Anleihen im Volumen von 35,6 Milliarden US-Dollar vom „High Yield“- in das „Investment Grade“-Segment hochgestuft. Gleichzeitig haben Bonds in Höhe von nur 7,7 Milliarden US-Dollar ihren „Investment Grade“-Status verloren. Damit war das Volumen der sogenannten „Rising Stars“ zuletzt etwa fünf Mal höher als das der sogenannten „Fallen Angels“. Das Potenzial für weitere Aufsteiger ist groß – das Volumen der „High Yields“ mit einer Bonitätseinstufung knapp unterhalb des „Investment Grade“-Segments und einem gleichzeitig positiven Rating-Ausblick war noch nie so hoch. Obwohl US-„High Yields“ von der möglichen Pleite eines großen chinesischen Immobilienentwicklers nicht direkt betroffen sind, möchte ich vor allzu viel Euphorie warnen. Die Renditeaufschläge sind bereits relativ niedrig. In einem solchen Umfeld kann eine allgemeine Verschlechterung der Marktstimmung schnell zu Rückschlägen führen. Die Renditeaufschläge sind zwar naturgemäß deutlich höher als bei „Investment Grade“-Anleihen, einem allgemeinen Zinsanstieg könnte sich aber auch das Segment der Hochzinsanleihen nicht entziehen.

Norwegen steigert Erdgasexporte

Die hohen Erdgaspreise treffen skandinavische Länder weniger hart als andere Staaten. Denn der Anteil von Erdgas am Primärenergieverbrauch liegt in Finnland, in Norwegen und in Schweden bei unter zehn Prozent, während er in Deutschland, in den USA und in Italien 25 bis 40 Prozent beträgt. Die nordischen Staaten erzeugen ihren Strom in hohem Maße aus Erneuerbaren Energien. In Norwegen stammen fast 94 Prozent des Stroms aus Wasserkraft. Gleichzeitig ist das Land im weltweiten Vergleich der drittgrößte Exporteur von Erdgas – die Europäische Union (EU) deckt 20 bis 25 Prozent ihres Bedarfs aus Norwegen. Das Land dürfte von den höheren Erdgaspreisen zwar nicht unmittelbar profitieren, da die Lieferkonditionen in der Regel für einen längeren Zeitraum festgeschrieben werden. Allerdings sollen die Ausfuhren in die EU ab Oktober noch einmal deutlich erhöht werden, sodass die Einnahmen aus Erdgasexporten steigen werden. Da die Wirtschaft zusätzlich am wachsenden Bedarf an Aluminium und Nickel im Zuge der Energiewende partizipiert, halte ich Aktien aus Norwegen trotz einer schon recht starken Performance von knapp 20 Prozent in Euro seit Jahresbeginn bei entsprechender Risikobereitschaft noch für interessant.