Der Konsolidierungstrend der europäischen Chemiebranche setzt sich fort, Aktien europäischer Hersteller von Gütern des täglichen Bedarfs sind hoch bewertet, und die Exporte Chinas stiegen im August unerwartet stark.
Mehr Zusammenschlüsse im europäischen Chemie-Sektor
Der Konsolidierungstrend der europäischen Chemiebranche setzt sich fort. Die Unternehmen wollen so:
1.) die Konjunkturabhängigkeit des Geschäftsmodells verringern.
2.) das Nachhaltigkeits- beziehungsweise das ESG-Profil verbessern.
3.) neue Technologien erwerben.
Dafür greifen sie tief in die Tasche: Lagen die Bewertungen der Zielunternehmen in der Vergangenheit gemessen an Unternehmenswert zu operativem Gewinn im Bereich zwischen acht und 14, reichte die Spanne zuletzt von zwölf bis 20. Trotz ungewöhnlich hoher Bewertungen und obwohl Experten erste positive Effekte auf die Gewinne frühestens nach fünf Jahren erwarten, reagierte der Markt in den vergangenen Monaten positiv auf Meldungen zu Fusionen und Übernahmen (kurz: M&A). Entsprechend könnten weitere M&A-Ankündigungen Chemietitel in den kommenden Monaten unterstützen. Wegen der insgesamt hohen Bewertung der Branche halte ich das Kurspotenzial des Sektors jedoch für begrenzt.
Europäische Basiskonsum-Aktien teuer
Aktien europäischer Hersteller von Gütern des täglichen Bedarfs haben sich seit Anfang des Jahres rund neun Prozentpunkte schwächer entwickelt als der europäische Gesamtmarkt. Trotz der relativ schwachen Kursentwicklung erreichten die Hersteller von Lebensmitteln, von Getränken sowie von Haushalts- und Körperpflegeartikeln wegen einer vergleichsweise trägen Ertragsgenesung historisch hohe Bewertungen von gut 20 auf Basis ihrer erwarteten Gewinne der kommenden zwölf Monate. In Anbetracht steigender Impfquoten weltweit sowie der damit einhergehenden wirtschaftlichen Erholung ein gefährlicher Mix. Zum einen können die Konzerne des Sektors die steigenden Produzentenpreise nur teilweise an die Konsumenten weiterreichen und müssen daher sinkende Margen fürchten. Zum anderen bieten die hohen Bewertungen ein überproportional hohes Korrekturpotenzial bei steigenden Kapitalmarktzinsen. Entsprechend halte ich europäische Basiskonsum-Aktien im aktuellen Marktumfeld für uninteressant.
Öl-Nachfrage nimmt zu.
Nachdem die Preise für Öl der Nordseesorte Brent noch Mitte August auf ein Drei-Monats-Tief gefallen waren, notieren sie dank robuster Nachfrage nach Öl sowie nach Benzin nun rund zehn Prozent höher und bewegen sich aktuell über der Marke von 70 US-Dollar je Barrel seitwärts.
Trotz pandemiebedingter Einschränkungen in China importierte das Reich der Mitte im August mit etwa 10,5 Millionen Barrel pro Tag so viel Öl wie zuletzt im März dieses Jahres. In Europa wiederum war zur Sommerreisesaison die Nachfrage nach Benzin in keinem August seit 2011 so hoch gewesen wie in diesem Jahr. Daten aus Spanien zeigen, dass in der letzten Augustwoche so viele Autos mautpflichtige Straßen benutzt haben wie seit Pandemiebeginn nicht mehr. Auch aus Italien und aus Polen wurden höhere Daten gemeldet als zu den jeweiligen Vergleichswochen 2019. Dennoch dürften die Ölpreise nicht in den Himmel schießen. Der Vorstandsvorsitzende einer russischen Ölfördergesellschaft erläuterte, dass die OPEC+-Staaten die Ölpreise durch die Fördermengenregulierung in der Spanne von 65 bis 75 US-Dollar je Barrel halten wollen. Aktuell könnten alleine die OPEC-Staaten rund 7,4 Millionen Barrel pro Tag zusätzlich fördern und somit die Preisentwicklung steuern. Die Seitwärtsbewegung könnte somit noch eine Weile anhalten.
Höhere Infrastruktur-Investitionen in China
Die Exporte Chinas stiegen im August unerwartet stark um 3,8 Prozent im Vormonatsvergleich. Besonders deutlich legten die Ausfuhren in Richtung USA, EU und Japan mit Wachstumsraten zwischen etwa drei und fünf Prozent zu. Konsumgüter wie Elektronik, Möbel und Spielzeug waren besonders gefragt. Bemerkenswert ist aber vor allem der starke Anstieg der Importe im August: Die Einfuhren wuchsen gegenüber Juli um 4,4 Prozent. Der sprunghafte Anstieg der Eisenerz-Importe um 8,3 Prozent könnte darauf hindeuten, dass die Infrastruktur-Investitionen in China dank staatlicher Unterstützung allmählich anziehen. Finanzmittel stehen ausreichend zur Verfügung: Über alle staatlichen Ebenen hinweg wurden bis Ende Juli erst 36 Prozent des diesjährigen Finanzrahmens ausgeschöpft. Die Investitionen in Verkehr, Energie und Umwelt wuchsen zuletzt nur noch um 4,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Vom höheren Wachstum sollten perspektivisch nicht nur die globalen Rohstoffpreise, sondern auch chinesische Aktien aus dem Grundstoff- und Bausektor sowie dem Maschinenbau profitieren. Allerdings sehe ich wegen der Delta-Variante des Coronavirus und angesichts regulatorischer Verschärfungen der Regierung weiterhin das Risiko für Kursrückschläge.
