Trotz Halbleiter-Knappheit haben die Aktien ihrer Hersteller in Europa 2021 erst gut zehn Prozent zugelegt, Unternehmen in der Eurozone halten sich mit Investitionen noch zurück, und die Ölpreise verzeichnen den stärksten Wochengewinn seit elf Monaten.
Europäische Halbleiter-Aktien mit Nachholpotenzial
Die Nachfrage nach Halbleitern ist nach wie vor hoch, das Angebot gering: Die Lagerbestände an Halbleitern lagen in Europa im zweiten Quartal knapp zwölf Prozent unter dem Durchschnitt der vergangenen drei Jahre. Dennoch legten die Aktien europäischer Halbleiterhersteller 2021 erst gut zehn Prozent zu. Dies liegt daran, dass die Unternehmen ihre Kapazitäten nur langsam erhöhen können, um die Mehrnachfrage abzuarbeiten. Zwischen Bestellung und Inbetriebnahme der Produktionsmaschinen vergehen meist sechs bis neun Monate. Aktien spezialisierter Anlagebau-Unternehmen verbuchten hingegen seit Jahresbeginn Kursgewinne von mehr als 60 Prozent. Neben dem hohen Bedarf der Halbleiterhersteller profitiert die Branche davon, dass immer mehr Staaten Fertigungsstandorte im eigenen Land aufbauen. Ich halte es jedoch für wahrscheinlich, dass Titel von Halbleiterherstellern im vierten Quartal Boden gutmachen werden, sobald Produktionskapazitäten zunehmen und etwa Automobilunternehmen einen Rückgang der Lieferengpässe berichten. Positive Gewinnrevisionen sollten dann mit Kursgewinnen einhergehen.
Unternehmensinvestitionen zurückgehalten
Die Unternehmen in der Eurozone halten sich mit Investitionen bisher zurück. Während die Ausgaben für Maschinen und für andere Ausrüstungsgüter ihr Vorkrisenniveau in den USA schon längst überschritten haben, liegen sie in der Eurozone noch etwa vier Prozent unter dem Wert von Ende 2019. Dabei sind die Voraussetzungen für eine Ausweitung der Unternehmensinvestitionen günstig. Die Auftragsbücher der Firmen sind voll, die Produktionskapazitäten mit knapp 83 Prozent überdurchschnittlich stark ausgelastet. Gleichzeitig sind die finanziellen Rahmenbedingungen so gut wie noch nie – die Unternehmen haben in der Krise zusätzliche Liquidität in Höhe von rund 400 Milliarden Euro angehäuft, die zur Finanzierung von Investitionen bereitstehen. Einiges deutet darauf hin, dass die Ausrüstungsinvestitionen auch von Lieferengpässen ausgebremst werden. Sobald diese überwunden sind, könnten die Investitionen im Euroraum durchstarten. Ich sehe für die Erträge europäischer Maschinen- und Anlagenbauer daher noch erhebliches Wachstumspotenzial, nachdem sie bereits von der Erholung der Investitionen außerhalb Europas stark profitiert haben.
Ölpreise erholt
Die Ölpreise verzeichneten vergangene Woche den stärksten Wochengewinn seit elf Monaten und machten so die Verluste der Vorwoche wieder wett. Hauptgrund hierfür waren Nachrichten aus China, die auf ein erfolgreiches Eindämmen des Coronavirus hindeuten. Ein Wiederhochfahren der Industrieaktivitäten dort dürfte einen Nachfrageschub für Ölprodukte zur Folge haben. Für kurzfristige Bewegung sorgte zudem Hurrikan „Ida“, der am Sonntag auf den US-Bundesstaat Louisiana traf. Im Vorfeld des Sturms waren als Vorsichtsmaßnahme nahezu die gesamte Ölproduktion sowie die Raffinerietätigkeit des Staates in Höhe von 2,1 Millionen Barrel am Tag eingestellt worden – dies entspricht zwölf Prozent der gesamten Raffineriekapazitäten in den USA. Da größere Schäden ausblieben, gaben die Ölpreise gestern wieder etwas nach. Wegen weiterhin optimistischer Schätzungen zur Nachfrageentwicklung sollten die OPEC+-Länder auf ihrem morgigen Treffen die Produktionserhöhungen ab dem 1. Oktober in Höhe von 400.000 Barrel pro Tag bestätigen. Der Ölmarkt dürfte momentan in etwa im Gleichgewicht sein, sodass starke Preisbewegungen seltener werden könnten.
Japanische Reedereien gestärkt
Der Aktienmarkt in Japan hat sich in den vergangenen Monaten vergleichsweise schwach entwickelt; japanische Reederei-Aktien stellen jedoch eine Ausnahme dar.
Eine ausgezeichnete Ertragslage und verbesserte Gewinnprognosen ließen die Kurse im Schnitt um rund 90 Prozent steigen. Und die Rally könnte noch etwas anhalten – schließlich dürften die Frachtraten auch nach der absehbaren Gipfelbildung in den kommenden Monaten überdurchschnittlich hoch bleiben und den Unternehmen hohe Gewinne einbringen. Weitere Dividendenerhöhungen halte ich vor diesem Hintergrund für wahrscheinlich. Zudem sind Reederei-Aktien trotz der jüngsten Hausse nicht teuer bewertet: Ihr durchschnittliches Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) für die erwarteten Gewinne im laufenden und im kommenden Fiskaljahr liegt unter 2x beziehungsweise 4x.
