Portfolio-Umschichtungen institutioneller US-Anleger stützen US-Großunternehmen, die verfügbaren Frachtkapazitäten sinken, und der Preis für europäisches Erdgas steigt seit Jahresbeginn um rund 190 Prozent.
Aktienrückkäufe stützen US-Large-Caps
Seit April 2021 haben die US-Leitindizes, in denen die Großunternehmen (auch „Large Caps“) notieren, im Mittel gut 14 Prozent in Euro zugelegt. Dagegen blieb der Markt kleiner und mittelgroßer US-Unternehmen im selben Zeitraum mit minus 0,7 Prozent deutlich zurück. Mitverantwortlich dürften Aktienrückkaufprogramme großer US-Unternehmen gewesen sein, die im zweiten Quartal wieder Fahrt aufgenommen und an Vor-Pandemie-Volumina von 160 Milliarden US-Dollar netto pro Quartal angeknüpft haben. Zusätzlich könnten aber auch Portfolio-Umschichtungen institutioneller US-Anleger unter anderem zu Lasten kleinerer US-Unternehmen, Schwellenländermärkte und Japans Aktienmarkt und zu Gunsten von US-Large-Caps die Kurse letzterer getrieben haben. Den großen, bereits seit Jahren profitablen US-Unternehmen traue ich zu, sich mit stabilen Geschäftsmodellen und hoher Preissetzungsmacht sowie einer ausgewogenen Finanzierungsstruktur in einem Umfeld steigender Inflation und steigender Kapitalmarktzinsen in den kommenden Monaten besser zu behaupten als kleinere, junge und zinssensible Wachstumsunternehmen.
Containerschiff-Stau vor Verladehäfen
Die Probleme der globalen Containerschifffahrt sind in den Nachrichten allgegenwärtig. Ein Punkt ist die Containerknappheit, ein weitaus bedeutenderer ist aber die akute Verstopfung der Verladehäfen. Just in diesem Moment stauen sich vor diesen circa 350 Schiffe weltweit – doppelt so viele wie noch zu Jahresbeginn. Häufig ist eine veraltete Hafeninfrastruktur schuld, die der stetig wachsenden Anzahl an Riesenfrachtern nicht mehr gewachsen ist. Hinzu kommt auch, dass im Rahmen der Null-Covid-Politik in China immer wieder Teile wichtiger Ankerplätze dort dicht gemacht werden. Das jüngste Beispiel ist ein Terminal des weltweit drittgrößten Containerumschlagplatzes Ningbo-Zhoushan. Als Resultat schmelzen die verfügbaren Frachtkapazitäten bei aktuell sehr hoher Nachfrage dahin und die von den Reedereien erzielbaren Transportpreise steigen immer weiter an. Entsprechend legten diese Unternehmen seit Anfang des Jahres im Durchschnitt um über 210 Prozent zu – eine Entwicklung, die sich in Anbetracht der Situation noch weiter fortsetzen könnte.
Schwarzes Gold glänzt momentan nicht
Öl wird momentan rund zehn Prozent unter dem Drei-Jahres-Hoch von Anfang Juli gehandelt. Hauptverantwortlich dafür sind die Mobilitätsbeschränkungen infolge der Delta-Variante des Covid-19-Virus in China. Da auch in weiteren Ländern Asiens Covid-19-Einschränkungen verschärft wurden, erwarten Analysten, dass im laufenden Quartal pro Tag etwa eine Million Barrel an Nachfrage wegfallen werden. Auch von der Angebotsseite kommt Gegenwind: Neben der Einigung der OPEC+, ab September die Förderung monatlich um 400.000 Barrel pro Tag zu erhöhen, steigt auch in den USA die Anzahl der aktiv betriebenen Öl-Förderanlagen. Mittlerweile sind fast 400 Anlagen in Betrieb – August 2020 waren es noch knapp 180. Eine anhaltende Ausweitung der Öl-Produktion könnte kurz- bis mittelfristig das Aufwärtspotenzial der Ölpreise begrenzen. Die OPEC+-Staaten überprüfen jedoch monatlich, ob sie ihre Förderung der Nachfragesituation anpassen sollten. Unerwartete Verschiebungen der Erhöhungen könnten dann für Kurssprünge sorgen.
Erdgas: Hohe Preise in Europa halten an
Der Preis für europäisches Erdgas ist seit Jahresbeginn um rund 190 Prozent gestiegen, in den USA dagegen um knapp 55 Prozent.
Während Europa seinen Verbrauch durch Zukäufe deckt – allein Russland liefert über seine Pipelines rund 40 Prozent aller europäischen Erdgas-Importe –, exportieren die USA einen Teil ihrer Eigenförderung. Die mit der Verschiffung von verflüssigtem Erdgas (LNG) einhergehenden Gesamtkosten sorgen dabei für eine regionale Entkoppelung der internationalen Gasmärkte mit zum Teil erheblichen Preisunterschieden. Zunehmend teurere CO2-Zertifikate sowie seit Jahresbeginn mehr als verdoppelte Kohlepreise machen die weniger CO2-intensive Verstromung von Erdgas attraktiver und erhöhen die Gas-Nachfrage nicht nur in Europa. Infolgedessen sind die europäischen Lagerbestände mittlerweile auf 60 Prozent gesunken – gegenüber 77 Prozent des Jahreszeit-üblichen Fünf-Jahres-Mittels. Da Russland bisher nicht bereit scheint, seine Europa-Lieferungen über die Ukraine zu erhöhen, ist ein Ende hoher europäischer Erdgaspreise zumindest bis Ende des kommenden Winters nicht in Sicht.
