Der IWF hebt seine Prognose für das globale Wirtschaftswachstum 2022 an, der Goldpreis verliert an Glanz, und die Preise für US-Einfamilienhäuser erreichen ein Allzeithoch.
IWF hebt Prognosen an
Chefökonomin Gita Gopinath stellte gestern die neuen Wirtschaftsprognosen des Internationalen Währungsfonds (IWF) vor. Die IWF-Experten bestätigten ihre bisherige Schätzung für das globale Wachstum 2021 von sechs Prozent und hoben ihre Prognose für 2022 um 0,5 Prozentpunkte auf 4,9 Prozent an. Auslöser für die Anhebung sind in erster Linie Industrieländer, deren Volkswirtschaften wegen fortgeschrittener Impfkampagnen sowie wegen großer Sozial- und Konjunkturpakete ihre dynamische Erholung fortsetzen sollten. Die Prognose für das US-Wachstum im kommenden Jahr hob der IWF deutlich um 1,4 Punkte auf 4,9 Prozent an. Die Schätzungen für Schwellen- und Entwicklungsländer für 2022 wurden vor dem Hintergrund niedriger Impfquoten und auslaufender Corona-Hilfen hingegen nur geringfügig nach oben korrigiert; für das laufende Jahr passte der IWF seine Prognosen sogar nach unten an. Die schwächere Konjunkturerholung spiegelt sich auch an den Aktienmärkten wider: Der Schwellenländer-Index von MSCI hat inzwischen seine gesamten Zugewinne des Jahres eingebüßt und könnte meiner Einschätzung nach kurz- bis mittelfristig noch etwas unter Druck bleiben. Risikobewusste Anleger könnten dies im späteren Jahresverlauf für den schrittweisen Einstieg nutzen. Langfristig sollten die betreffenden Länder nämlich weiterhin hohes Potenzial besitzen.
Gegenwind für Gold
Der Goldpreis ist seit Jahresbeginn in US-Dollar um rund fünf Prozent gesunken. Ein entscheidender Faktor für die Bewegungen des Goldpreises sind die US-Realzinsen – je niedriger diese sind, desto höher tendiert der Preis des Edelmetalls. Diese notieren jedoch gegenüber Jahresbeginn nahezu unverändert beziehungsweise nur geringfügig niedriger. Anleger haben zudem offenbar in Erwartung einer strafferen US-Geldpolitik und damit mittelfristig potenziell höheren Realzinsen begonnen, ihre Positionen in börsengehandelten, mit Gold hinterlegten Zertifikaten zu reduzieren.
Seit Anfang Januar ist dort ein Rückgang des weltweit verwalteten Vermögens um etwa 6,7 Prozent zu verzeichnen. Sollte sich dies im weiteren Verlauf des Jahres fortsetzen, wäre dies der erste Rückgang der Bestände dieser Anlagevehikel seit sechs Jahren. Da sich diese in den vergangenen 17 Jahren als recht valider Indikator für die Goldpreisentwicklung erwiesen haben, könnte dies somit zunächst weiteren Gegenwind für den Preis des Edelmetalls bedeuten.
USA: Margendruck für Basiskonsumsektor
Der US-Basiskonsumsektor – in dem Unternehmen aus den Bereichen Lebensmittel- und Basisartikelproduktion sowie -Einzelhandel zusammengefasst sind – ist nicht für sein hohes Gewinnwachstum bekannt. Analysten erwarten, dass die Branchengewinne im zweiten Quartal lediglich neun Prozent über dem Vorjahr lagen, während sie für das fiktive Durchschnittsunternehmen des S&P 500 Gewinnsteigerungen in Höhe von rund 60 Prozent prognostizieren. Dies ist vor allem auf das magere Umsatzwachstum des Sektors von gerade einmal fünf Prozent zurückzuführen. Eine Besserung der Situation scheint leider nicht in Sicht – im Gegenteil: Deutlich gestiegene Kosten für viele Rohstoffe und Verpackungen – wie beispielsweise Mais, Kaffeebohnen oder Getränkedosen aus Aluminium – sowie ein verteuerter Warentransport könnten die Margen der Unternehmen in den kommenden Monaten zunehmend schmälern. Insbesondere, da sich nicht alle Konzerne gegen Preisschwankungen abgesichert haben. Vor diesem Hintergrund schätze ich, dass Investoren weiterhin eher auf Sektoren mit einer dynamischeren Gewinnentwicklung setzen werden und Basiskonsum-Aktien das Jahr mit einer unterdurchschnittlichen Wertentwicklung beenden werden.
Preise für US-Wohnimmobilien treiben die Inflation
Die Preise für Einfamilienhäuser stiegen in den USA im Juni mit durchschnittlich 363.000 US-Dollar auf ein Allzeithoch. Dabei wechselten im Juni 1,4 Prozent mehr Bestandsimmobilien ihren Eigentümer als im Vormonat – der erste Monatsanstieg seit Januar. Die infolge der Knappheit an Baumaterialien seit März rückläufigen Neubau-Verkäufe setzten sich hingegen auch im Juni mit einem saisonbereinigten Rückgang um 6,6 Prozent gegenüber Mai fort. Während die Hauspreise bei der Berechnung des US-Verbraucherpreisindex (CPI) keine Berücksichtigung finden, machen die Wohnungsmieten beziehungsweise die fiktiven Mieten eigen genutzter Wohnimmobilien rund 30 Prozent des Warenkorbs aus. Normalerweise folgt die US-Mietpreisentwicklung den Hauspreisen um rund fünf Quartale versetzt, da Mietverträge in den Vereinigten Staaten in der Regel auf ein Jahr befristet sind. Bei weiter steigenden Immobilienpreisen beziffern Analysten den potenziellen Inflationseffekt höherer Mieten auf den CPI ab dem zweiten Quartal 2022 auf zusätzliche 1,5 Prozentpunkte. Dies könnte die US-Inflation auch 2023 und 2024 nachhaltiger treiben als bisher von der US-Notenbank prognostiziert wird. Steigende Renditen und fallende Kurse von US-Staatsanleihen wären wahrscheinlich.
