Die Unternehmen im STOXX 600 öffnen ihre Bücher, die US-Verbraucherpreise überraschen aufs Neue, und Japan könnte Reisen im eigenen Land bald wieder finanziell unterstützen.

Berichtssaison Europa: im Zeichen der Erholung

Nicht nur in Übersee, auch in Europa nimmt die Berichtssaison langsam Fahrt auf. Im Gegensatz zu den USA sind vierteljährliche Geschäftsberichte jedoch nicht in allen Ländern vorgeschrieben. Viele der 512 Konzerne des STOXX 600, die bis Ende August Ergebnisse vorlegen werden, präsentieren deshalb Halbjahresberichte. Dank gelockerter Coronavirus-Beschränkungen, zügiger Impfkampagnen und eines dynamischen Anziehens der europäischen Konjunktur im ersten Halbjahr erwarten Analysten, dass sich die Gewinne merklich erholt haben. Im zweiten Quartal hoben sie ihre Schätzungen für die Gewinne 2021 um acht Prozent an und prognostizieren nun Gewinnsteigerungen von 47 Prozent. 2022 soll das Plus zwölf Prozent betragen. Für Konzerne, die quartalsweise berichten, erwarten die Analysten – natürlich auch bedingt durch den schwachen Vorjahreswert – ein Gewinnwachstum von knapp 110 Prozent im zweiten Quartal. Besonders gut dürften die Zahlen von Öl- und Gas-Unternehmen sowie Bergbauunternehmen ausfallen, die sehr von den hohen Rohstoffpreisen profitiert haben. Für diese werden Gewinnwachstumsraten von 200 bis 300 Prozent prognostiziert. Neben diesen Zahlen könnten möglicherweise auch Dividendenankündigungen dem Markt in den kommenden Wochen einen neuerlichen Schub verleihen.

Wie viel Inflation toleriert die US-Notenbank?

Erneut überraschte im Juni die Inflationsrate der USA mit einem Anstieg auf 5,4 Prozent, erwartet wurden nur 4,9 Prozent. Das ist der höchste Wert seit August 2008. Im Vergleich zum Vormonat stiegen die Verbraucherpreise um 0,9 Prozent. Auch die Kerninflation, die Komponenten wie Energie und Lebensmittel ausschließt, übertraf die Prognosen deutlich: Sie stieg auf 4,5 Prozent zum Vorjahr – der größte Preissprung seit November 1991 – und 0,9 Prozent zum Vormonat. Rund ein Drittel davon geht auf das Konto des Preisindex für gebrauchte Pkw und Lkw, der in einem Monat um 10,5 Prozent anstieg. Auch Neuwagen verteuerten sich um 2,0 Prozent. Preise für Flugtickets und Hotelübernachtungen legten ebenfalls überproportional zu, und Nahrungsmittel wurden 0,8 Prozent teurer, jeweils im Vergleich zum Vormonat. Nach Veröffentlichung der Daten stiegen die US-Kapitalmarktzinsen im Laufzeitbereich zwei bis fünf Jahre an, wohingegen längerfristige Renditen leicht sanken. Das Narrativ ist, dass die US-Notenbank möglicherweise früher als geplant die Leitzinsen anheben könnte, dass damit aber insgesamt weniger Zinserhöhungen nötig sein werden. An den Währungsmärkten führt diese Gemengelage aktuell eher zu einer moderaten Aufwertung des US-Dollar.

Aktien Vietnam: Kurseinbruch durch Coronavirus-Welle

Der Aktienleitindex Vietnams schloss am Montag dieser Woche mit einem Minus von 5,2 Prozent, dem stärksten Rücksetzer seit Ende Januar 2021. Infolge lokal stark gestiegener Covid-19-Neuinfektionen hatte die Regierung zuvor strikte Ausgangssperren für die Industrieprovinz Binh Duong und das Wirtschaftszentrum Ho-Chi-Minh-Stadt verordnet. Denn bisher haben erst vier Prozent der Bevölkerung eine Erstimpfung erhalten, nicht einmal ein Prozent ist vollständig immunisiert. Vietnams Wirtschaft hatte sich mit einem Wachstum von 4,7 Prozent im ersten und 6,6 Prozent im zweiten Quartal 2021 gegenüber 2020 schwungvoll aus der Pandemie zurückgemeldet. Die Börse quittierte dies mit einem Plus von 22 Prozent in Euro im laufenden Jahr. In Erwartung zukünftig geringerer Unternehmensumsätze haben Aktienanleger nun Gewinne realisiert. Mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 16 ist Vietnams Aktienmarkt momentan zwar teurer als die meisten Schwellenländer Asiens. Weitere kurzfristige Kursrücksetzer könnten risikobewusste Anleger jedoch zum Einstieg nutzen, um bei steigender Impfdynamik von der möglichen wirtschaftlichen Erholung des Landes zu profitieren.

Tourismusförderung in Japan

Im Rahmen des „Go To Travel“-Programms hat die japanische Regierung den Inlandstourismus nach dem Abklingen der ersten Coronavirus-Welle im vergangenen Jahr massiv gefördert. Im Dezember 2020 wurde das Programm wegen steigender Infektionsraten vorläufig gestoppt – es könnte angesichts schnell fortschreitender Impfungen aber bald wieder in Kraft gesetzt werden. Da zwischen August und Dezember nur etwa ein Viertel der vorgesehenen Mittel aus dem Förderprogramm genutzt wurden, stehen noch etwa 1,8 Billionen Yen (umgerechnet knapp 14 Milliarden Euro) im bereits genehmigten Haushalt zur Verfügung. Die Förderung war sehr effektiv: Dank Zuschüssen von bis zu 50 Prozent haben japanische Touristen allein im Dezember 2020 schätzungsweise 25 Prozent mehr Geld für Reisen ausgegeben, als sie es ohne das Programm getan hätten. Mit einem Anteil von 80 Prozent am gesamten Tourismus sind Reisende aus dem Inland für die Branche enorm wichtig. Von den staatlich geförderten Ausgaben profitieren nicht nur Hotels, sondern auch Transportunternehmen wie Fluglinien sowie die Freizeitbranche. Japanische Aktien aus den entsprechenden Sektoren sind meines Erachtens einen Blick wert.