Immer mehr Länder schalten in den Erholungsmodus, Industrieunternehmen in China präsentieren beeindruckende Zahlen, und die Berichtssaison in Japan sorgt am Markt für gemischte Gefühle.
USA: gefragte Exportgüter
Mit den schnell fortschreitenden Coronavirus-Impfungen werden immer mehr Länder in den Erholungsmodus schalten und in puncto Wachstum gegenüber den USA aufholen. Hiervon sollten auch exportorientierte US-Unternehmen profitieren, zumal die Abwertung des handelsgewichteten US-Dollars um zwölf Prozent seit März 2020 die Nachfrage nach US-Exporten zusätzlich stützen dürfte. Unternehmen im S&P 500 erwirtschafteten 2020 immerhin 28 Prozent ihrer Erträge über insgesamt 12 Billionen US-Dollar im Ausland; etwa acht Prozent der Einnahmen stammen aus Asien, sechs Prozent aus Europa und vier Prozent aus anderen nor- oder südamerikanischen Staaten. Vor allem für US-Unternehmen aus zyklischen Sektoren spielen Auslandsmärkte eine vergleichsweise bedeutende Rolle. Die Rohstoffbranche erzielt 51 Prozent ihrer Erträge im Ausland, beim Energiesektor sind es 42 Prozent. Ich halte US-Aktien aus diesen Sektoren daher für interessant, zumal sie im Vergleich zum gesamten S&P 500 weniger hoch bewertet sind.
China: Erholung nimmt Fahrt auf
Der Anstieg der Gewinne chinesischer Industrieunternehmen im April um 57 Prozent gegenüber dem Vorjahr beeindruckt – obgleich die pandemiebedingt niedrige Ausgangsbasis des Vorjahresmonats den Vergleich verzerrt.
Der starke Anstieg des chinesischen Erzeugerpreisindex im April um 6,8 Prozent zum Vorjahresmonat, dem ein lediglich leichter Anstieg der Verbraucherpreise um 0,9 Prozent gegenübersteht, wirft jedoch die Frage auf, ob die höheren Produzentenpreise auf die Verbraucherpreise überwälzt werden könnten. Dann dürften sich nämlich Chinas Regierung und Notenbank zu einer restriktiveren Fiskal- und Geldpolitik genötigt fühlen, was nachteilig für viele Unternehmen wäre. Analysten gehen jedoch davon aus, dass die Verbraucherpreise bis Ende 2021 nur moderat ansteigen werden, da die Haushaltseinkommen Chinas seit Anfang 2020 stagnieren und die Konsumnachfrage deshalb noch verhalten ist. In den vergangenen Tagen stützten zudem hohe Zuflüsse aus dem Ausland die Kurse chinesischer Aktien, Anleihen und des Renminbis. Mit der Wiederaufnahme der Handelsgespräche mit den USA könnten Anlagen im Reich der Mitte interessant bleiben.
Europa: Ausblick für Bankdividenden verbessert sich
Britische Banken dürfen ab Juni aller Voraussicht nach wieder uneingeschränkt Dividenden ausschütten und Aktien zurückkaufen. Für die Institute der Eurozone und der nordischen Länder enden die regulatorischen Einschränkungen im September. Angesichts der äußerst positiven Gewinnentwicklung der vergangenen zwölf Monate, robusten Bilanzen sowie einer durchschnittlichen harten Kernkapitalquote von 15 Prozent dürften Anleger wohl im vierten Quartal wieder höhere Bankdividenden erwarten. Viele Institute haben zudem bereits Interimsdividenden angekündigt. Darüber hinaus erwarte ich, dass die europäischen Banken nach US-Vorbild zunehmend ebenfalls auf Aktienrückkäufe setzen werden. Im Sektorschnitt könnte die Rendite aus Dividenden und Aktienrückkäufen 2021 bei knapp 5,5 Prozent und 2022 bei 6,5 Prozent liegen. In Europa kommen einzig Energiekonzerne auf ähnlich hohe Werte. Aktien beider Sektoren könnten deshalb auch für Dividendenanleger interessant erscheinen.
Berichtssaison Japan: gemischte Gefühle am Markt
Die Unternehmen in Japan haben ihre operativen Gewinne im abgelaufenen Quartal deutlicher steigern können, als Analysten ihnen zugetraut hatten; aber ihre Prognosen für das seit April laufende Fiskaljahr fielen vielfach verhaltener aus als gedacht. Das durchschnittliche Wachstumsziel von 17,8 Prozent für die absehbaren Gewinne liegt knapp vier Prozentpunkte unter den Erwartungen der Analysten. Anleger zeigten sich entsprechend enttäuscht; die Aktienkurse besonders zurückhaltender Unternehmen gaben merklich nach. Mich hat diese Marktreaktion überrascht, denn japanische Unternehmen sind für ihre konservativen Geschäftsausblicke bekannt. Seit 2005 lagen die Prognosen der Konzerne im Schnitt sogar circa sieben Prozentpunkte niedriger als die der Analysten. Gemessen daran strotzen die japanischen Firmenlenker derzeit geradezu vor Optimismus. Daher bin ich zuversichtlich, dass japanische Aktien den Rücksetzer wettmachen werden.
