Personelle Veränderungen in der Fed könnten die Zinspolitik beeinflussen, US-Finanztitel erscheinen nicht zu teuer, und in großen Teilen Chinas muss der Strom rationiert werden.
US-Notenbank: Spitzenpersonal wechselt
Eric Rosengren und Robert Kaplan, zwei Mitglieder des für die Geldpolitik verantwortlichen Offenmarktausschusses der US-Notenbank Fed, kündigten in dieser Woche ihren Rücktritt an. Sechs der insgesamt 19 Sitze im Ausschuss stehen somit in den kommenden Monaten zur Neubesetzung an. Dies dürfte eine hohe Relevanz für die Märkte haben, da auf der Sitzung der US-Notenbank in der vergangenen Woche exakt die Hälfte der Mitglieder des Komitees die Erwartung äußerte, 2022 die Leitzinsen zu erhöhen, während die andere Hälfte Zinsschritte frühestens 2023 in Erwägung zog. Sowohl Kaplan und Rosengren als auch die in den kommenden Monaten ausscheidenden Richard Clarida und Randal Quarles werden der Gruppe zugerechnet, die eher für frühere Zinserhöhungen plädierte. Sollten als deren Nachfolger sogenannte geldpolitische Tauben installiert werden, welche die Zinswende lieber auf die lange Bank schieben, könnte dies den weiteren Anstieg der langfristigen Kapitalmarktzinsen in den USA begünstigen. Einige Analysten sehen nämlich die Gefahr, dass ein zu langes Ignorieren der hohen Inflationsraten seitens der Währungshüter im Endeffekt zu einer größeren Anzahl von Leitzinserhöhungen in der Zukunft führen wird.
US-Finanzaktien profitieren von steigenden Renditen
US-Finanzinstitute zählten in den zurückliegenden drei Monaten zu den besten Sektoren des S&P 500. Diese Entwicklung könnte noch etwas anhalten. Schließlich profitieren die Finanzinstitute von dem jüngsten Renditeanstieg, der sich in den kommenden Jahren aufgrund des soliden US-Wirtschaftswachstums und der erwarteten Leitzinserhöhung der Fed fortsetzen könnte. Zudem ist der Sektor trotz des Kursanstiegs von fast 30 Prozent seit Jahresbeginn weiterhin sehr günstig bewertet. Sein KGV liegt im Schnitt bei rund 14,5 und damit deutlich unter dem Marktmittelwert von 20,5. Lediglich Energietitel werden noch günstiger gehandelt. Entsprechend halte ich an meiner positiven Einschätzung von US-Finanzwerten fest.
Chinas Baukonjunktur: die Folgen für Lateinamerika
Die aktuellen Zahlungsschwierigkeiten eines chinesischen Immobiliengiganten werfen die Frage auf, welche Märkte und Regionen am stärksten betroffen wären, falls die chinesische Bauwirtschaft mittelfristig einen Gang zurückschalten würde. Fündig wird man unter anderem in Lateinamerika. Das Wohl und Wehe vieler Volkswirtschaften des Kontinents ist stark abhängig von Eisenerz- und Industriemetallexporten, besonders in Brasilien, Chile und Peru. Eine schwächere Nachfrage und sinkende Preise aufgrund geringeren Bedarfs der chinesischen Industrie hätten deutliche negative Auswirkungen auf das Bruttoinlandsprodukt dieser Länder. Auch die im November anstehenden Wahlen in Chile und anhaltende Unsicherheit über den zukünftigen Kurs der neu gewählten peruanischen Regierung lassen Investoren momentan zögern. Aufgrund der erwarteten weiteren globalen Konjunkturerholung sehe ich mittelfristig dennoch Potenzial, würde aber momentan vor einem Engagement Daten zur weiteren Entwicklung der chinesischen Wirtschaft abwarten.
Chinas Kohlekraftwerke schreiben rote Zahlen
Chinas wichtigster Energieträger Steinkohle hat sich in den letzten zwölf Monaten um 150 Prozent verteuert. Vor allem das Embargo auf australische Kohleimporte hat das Angebot verknappt. Andererseits ist der Stromverbrauch 2021 auch aufgrund starker Exporte im Jahresvergleich um 15 Prozent gestiegen. Da Chinas Strommarkt weitestgehend preisreguliert ist, können die Kraftwerksbetreiber höhere Kohlepreise nur begrenzt an die Verbraucher weitergeben. Analysten schätzen, dass mittlerweile rund 70 Prozent aller chinesischen Kohlekraftwerke Verluste generieren und ihre Produktion trotz vorhandener Nachfrage nicht ausweiten. Andererseits fehlen durch die Preisfixierung Anreize, den Stromverbrauch zu reduzieren. Nachdem in mittlerweile 20 Provinzen die Stromversorgung rationiert und die Produktion teilweise eingestellt wurde, könnten zusätzliche Kohleimporte sowie eine Lockerung der Preisfixierung kurzfristig für ein höheres Stromangebot sorgen. Die Stromkrise dürfte damit jedoch nicht vom Tisch sein und neben den Betreibern von Kohlekraftwerken vor allem Unternehmen des Verarbeitenden Gewerbes belasten – möglicherweise auf Monate. Unternehmen regenerativer Energiegewinnung sowie entsprechend spezialisierte Anlagenbauer könnten hingegen mittelfristig profitieren.
