Der Markt schaut auf die Sitzung der Bank of England, China erhöht den Druck auf Kryptowährungen, und die Aktien europäischer Windkraftanlagenbauer verlieren seit Jahresbeginn durchschnittlich 30 Prozent an Wert.

Leitzinsen: Wer hebt zuerst an?

Ende 2020 dominierte noch das Narrativ an den Märkten, dass die Zentralbanken der großen vier Währungsblöcke auf absehbare Zeit keinen Gedanken an Zinserhöhungen verschwenden würden – dieses Bild hat sich nun grundlegend geändert. Zwar sind weder von der Bank of Japan noch von der Europäischen Zentralbank Gedankenspiele über kurz bevorstehende Zinserhöhungen bekannt oder zu erwarten. Anders sieht es allerdings in den USA und in Großbritannien aus. Die US-Notenbank Fed überraschte vergangene Woche die Märkte damit, dass die Leitzinsen anstatt 2024 bereits 2023 oder sogar schon 2022 angehoben werden könnten. Am Donnerstag richten sich nun die Augen gen London, zur Sitzung der Bank of England. Denn die Märkte preisen mittlerweile eine erste Zinserhöhung um 0,15 Prozentpunkte im Sommer 2022 und eine weitere Erhöhung um 0,25 Prozentpunkte Anfang 2023 ein. Großbritannien könnte also voran preschen – was für Anleger relevant ist, da Währungen bei einem Anstieg der kurzfristigen Kapitalmarktzinsen normalerweise zunächst aufwerten. Das Pfund Sterling sollte durch die Zinserhöhungsphantasie gut unterstützt bleiben, ähnliches gilt für den US-Dollar.

China erhöht den Druck auf Kryptowährungen

Kryptowährungen sind nichts für schwache Nerven! Diese hatten bereits in der Vorwoche zweistellig Federn lassen müssen und stürzten zu Wochenbeginn weiter ab. Bitcoin verlor 8,5 Prozent zum Euro, Ethereum sogar 15,1 Prozent. Die chinesische Zentralbank hatte die größte Online-Zahlungsplattform sowie seine Geschäftsbanken am Montag angewiesen, zukünftig keine Dienstleistungen im Zusammenhang mit Kryptohandel mehr anzubieten. Den energieintensiven und damit umweltschädlichen Schürffarmen, die schätzungsweise 65 Prozent des globalen Bitcoin-Minings ausmachen, wurde der Kampf angesagt. Die seit Mitte Mai um knapp 50 Prozent gesunkene Rechenleistung im Bitcoin-Netzwerk – die Hash Rate – dürfte damit weiter unter Druck geraten.
 
Auch einzelne „Zulieferer“ aus der Halbleiter-Branche, Betreiber von Krypto-Börsen und indirekt sogar Energieversorger werden von den zu erwartenden Schwankungen mit beeinflusst. Anlegern von Kryptowährungen könnte nach einem nervenzehrenden Frühjahr ein heißer Sommer bevorstehen.

Wind-Aktien unter Druck

Die Aktien europäischer Windkraftanlagenbauer haben seit Jahresbeginn durchschnittlich 30 Prozent an Wert verloren und damit einen signifikanten Teil der Kursrally des vergangenen Jahres eingebüßt. Die Gründe für den Absturz sind vielfältig: Sie reichen vom Zusammenbruch eines Windrads in Schweden über hohe Rohstoffpreise und steigende Kapitalmarktzinsen bis hin zur zunehmenden Konkurrenz durch Öl- und Gasunternehmen, die vermehrt auf Grüne Energie setzen und hohe Summen für Baurechte von Offshore-Windparks bieten. Zudem dürfte eine Rolle spielen, dass Kapitalzuflüsse in ESG-Fonds – in denen Wind-Aktien hoch gewichtet sind – seit Jahresbeginn sukzessive nachgelassen haben. Im Mai lagen die Netto-Zuflüsse mit 39 Milliarden US-Dollar sogar erstmals unter dem Zwölf-Monats-Durchschnitt von 43 Milliarden US-Dollar. Vorausschauend könnte dieser Faktor kurzfristig weiterhin Titel der Branche belasten. Laut einer Umfrage sind 70 Prozent der Fondsmanager bereit, eine Verschlechterung der ESG-Bewertung ihrer Portfolios in Kauf zu nehmen, um diese weniger anfällig für einen Anstieg der Inflation zu machen.

Intelligente Häuser im Trend

Nach Smartphones und Smartcars sind auch Smartbuildings auf dem Vormarsch. Dabei ist die Klimapolitik ein wichtiger Treiber für die Digitalisierung im Immobiliensektor, denn ohne eine Verringerung von Treibhausgasemissionen in diesem Bereich sind die CO2-Ziele kaum erreichbar. Immobilien verursachen etwa 40 Prozent der globalen Treibhausgasemissionen und sind für rund 60 Prozent des Stromverbrauchs beziehungsweise für 25 Prozent des Wasserverbrauchs weltweit verantwortlich. Der Einsatz von Hard- und Software beim Bau und vor allem bei der Nutzung von Immobilien kann durch die Steigerung der Energieeffizienz einen erheblichen Beitrag zur Einsparung von Ressourcen leisten. Beispielsweise lassen sich mithilfe sogenannter Building-Management-Systeme alle Teileinheiten eines Gebäudes einschließlich des Energieverbrauchs zentral überwachen und steuern. Der jährliche Bedarf für solche Systeme liegt weltweit bei schätzungsweise 26 Milliarden US-Dollar und der Markt weist zweistellige prozentuale Wachstumsraten pro Jahr auf. Hiervon profitieren nachhaltig vor allem europäische und US-amerikanische Unternehmen aus dem Bau-, Kapitalgüter- und IT-Sektor mit einem entsprechenden Angebot an Hard- und Software.