Die OPEC+-Staaten tagen, der Nachfragerückgang aus der Gastronomie sorgt bei europäischen Getränkeproduzenten für einen starken Gewinneinbruch, und vietnamesische Aktien legen stark zu.
Rohstoffe: was vom OPEC+-Meeting zu erwarten ist
Vom heute virtuell stattfindenden OPEC+-Treffen werden zwar keine einschneidenden Entscheidungen über Produktionsmengen erwartet. Spannend könnte jedoch werden, ob sich die ölproduzierenden Länder dazu äußern werden, wie sie auf eine Aufhebung der US-Sanktionen gegenüber dem Iran reagieren würden. Am Wochenende startete die möglicherweise entscheidende Verhandlungsrunde über eine Wiederbelebung des Nuklearabkommens mit dem Iran. Im Falle einer Einigung könnte dieser bis zu 1,5 Millionen Barrel Öl pro Tag und somit rund 1,5 Prozent des globalen Ölangebots zusätzlich am Ölmarkt anbieten. Dies muss sich nicht zwangsläufig nachteilig auf die Ölpreise auswirken. Schätzungen der Internationalen Energieagentur zufolge dürfte der Ölmarkt im dritten Quartal unter einem Angebotsdefizit von 1,2 Millionen Barrel pro Tag und im Folgequartal gar von 2,6 Millionen Barrel pro Tag leiden. Zudem sollten die Märkte die Rückkehr des iranischen Öls bereits vorab eingepreist haben. Falls die Coronavirus-Pandemie im zweiten Halbjahr erwartungsgemäß eingedämmt werden kann, dürften die Ölpreise demnach weiteres Potenzial besitzen.
Steigende Industriemetallnachfrage aus den USA
Die Nachfrage aus China nach Rohstoffen und insbesondere nach Metallen war in den vergangenen beiden Dekaden der nahezu ausschließlich preisbestimmende Faktor. In den vergangenen Monaten zeigt sich jedoch ein immer stärkerer Zusammenhang zwischen der Entwicklung wichtiger Frühindikatoren der wirtschaftlichen Entwicklung – den Einkaufsmanagerindizes – der Industrien westlicher Staaten und der Entwicklung der Kupferpreise. Wegen des anhaltenden Handelskonflikts mit China und der Covid-19-Pandemie werden in den USA viele neue Produktionsstätten geplant beziehungsweise bereits in Betrieb genommen. Zunehmende Automatisierung und steigende Lohnkosten in China vermindern zusätzlich den Anreiz, die Produktion nach China auszulagern. Auch wegen der dort geplanten Infrastrukturmaßnahmen dürfte das Wachstum der US-Kupfernachfrage 2021 erstmals seit 20 Jahren das Chinas übersteigen – und das auf längere Sicht. Zurzeit erklärt China die hohen Preise für Industriemetalle zwar mit spekulativer Marktaktivität und untersagt einigen heimischen Investoren, an der Terminbörse in Schanghai Positionen in Metallen zu halten, um den Preisauftrieb zu dämpfen. Mittelfristig dürfte sich aber die starke Nachfrage aus den USA als preisbestimmender Faktor durchsetzen, weshalb sich Industriemetalle weiterhin verteuern könnten.
Europäische Getränkehersteller: Analysten skeptisch
„Gegessen und getrunken wird immer!“ – das Mantra der Investoren in Nahrungsmittel- und Getränkeunternehmen hat sich in der Coronavirus-Pandemie nur teilweise bewahrheitet. Schließlich hat der Nachfragerückgang aus der Gastronomie bei europäischen Getränkeproduzenten 2020 für einen Gewinneinbruch von fast 30 Prozent gesorgt. Nun scheint jedoch Besserung in Sicht: Im Jahresverlauf sollten Bars, Restaurants und Biergärten größtenteils wieder öffnen dürfen und mit der Fußball-EM und den Olympischen Spielen stehen gleich zwei globale Großveranstaltungen an. Die Analysten zeigen sich dennoch skeptisch. Seit Jahresbeginn haben sie ihre Gewinnerwartungen für die kommenden zwölf Monate nur leicht angehoben. Der Markt ist hingegen optimistischer und bewertet den Sektor gemessen am gut 50-prozentigen Aufschlag zum Gesamtmarkt um rund 25 Prozent höher als üblich.
Ich denke zwar ebenfalls, dass die Analystenprognosen zu niedrig sind und im Jahresverlauf angehoben werden dürften. Allerdings sehe ich angesichts der üppigen Bewertungsaufschläge nur wenig Potenzial für weitere Kursgewinne.
Vietnamesische Aktien mit Potenzial
Der Vietnam Ho Chi Minh Stock Index wird in der Halbjahreswertung 2021 voraussichtlich einen der vorderen Plätze belegen. In Euro hat der Index bisher 19 Prozent zugelegt – und die Rally könnte sich mittelfristig fortsetzen. Dafür spricht, dass die Impfkampagne des Landes jetzt erst angerollt ist und deshalb die Erholung des Konsums – nicht zuletzt wegen zurückkehrender Touristen – größtenteils noch vor uns liegt. Zudem hat die Regierung bis 2025 jährliche Infrastrukturinvestitionen in Höhe von sieben Prozent des Bruttoinlandsprodukts angekündigt. Diese dürften Arbeitsplätze schaffen und das Land als Fertigungsstandort für ausländische Unternehmen interessanter machen. Darüber hinaus sind Aktien vietnamesischer Unternehmen trotz ihrer starken Kursentwicklung nicht teuer bewertet. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis liegt derzeit bei 16 und damit genauso hoch wie im Durchschnitt der vergangenen fünf Jahre. Risikobewusste Anleger könnten deshalb ausgewählte Titel aus den Sektoren IT, Finanzen, Immobilien und zyklischer Konsum als Portfoliobeimischung in Betracht ziehen.
