• Die internationalen Finanzmärkte haben heute mit ganz besonderem Interesse nach London geblickt und auf die Verkündung der geldpolitischen Entscheidungen des Monetary Policy Committee der Bank of England gewartet. Dieses Gremium hat entschieden, die Bank Rate – den maßgeblichen britischen Leitzins – bereits am aktuellen Rand auf nun 0,25% anzuheben. Grundsätzlich dürften die Finanzmärkte aufgrund der Inflationsentwicklung im Vereinigten Königreich zwar einen recht zeitnahen Handlungsbedarf bei der Bank of England gesehen haben, mit Blick auf den Dezember hatten zuletzt aber immer mehr interessierte Beobachter noch mit keiner Aktivität der Notenbanker gerechnet, was wohl auch eine Konsequenz des Auftretens der neuen Corona-Variante Omikron gewesen sein dürfte. Die Notenbanker in London haben nun aber doch nicht weiter zögern wollen. Damit hebt eine erste wirklich „große“ Notenbank den in der Coronavirus-Krise gesenkten Leitzins an.
  • Erwartungsgemäß konnte bei dieser Entscheidung keine Einstimmigkeit erzielt werden. Allerdings gab es mit Silvana Tenreyro lediglich ein Votum gegen diese Entscheidung. Hier hätte es durchaus etwas mehr Widerstand geben können. Zudem sprachen sich mit Michael Saunders, David Ramsden und Catherine Mann immerhin drei hochrangige britische Notenbanker sogar noch für flankierende Reduktionen der Wertpapierkäufe durch die Bank of England aus. Im Spiel Tauben gegen Falken haben letztere nun also Oberwasser, was natürlich auf das momentane Inflationsumfeld zurückzuführen ist.
  • Zudem wurden in London Signale in Richtung einer weiteren moderaten Straffung der Geldpolitik in Britannien ausgesendet. Man sollte nun aber auch nicht zu viel Aktivität bei der Bank of England erwarten – zumal davon auszugehen ist, dass sich der Preisauftrieb im Vereinigten Königreich zum Ende des ersten Quartals 2022 hin am stärksten präsentieren dürften. Schon im Laufe des zweiten Quartals sollten sich an dieser Stelle auch ohne weitere geldpolitische Maßnahmen der Bank of England Tendenzen hin zu einer Beruhigung an der Inflationsfront zeigen. Insofern wäre Hektik sicherlich kein guter Ratgeber für die britischen Notenbanker.
  • Da um den Jahreswechsel herum grundsätzlich schon mit Handlungen der Bank of England zu rechnen war, hat die nun verkündete Zinsanhebung vor allem eine taktische Bedeutung für die internationalen Finanzmärkte. Das britische Pfund hat sofort von der Nachricht über die Erhöhung der Bank Rate profitieren.
  • Fazit: Die Bank of England hat die Bank Rate am aktuellen Rand auf 0,25% angehoben. Diese Entscheidung stellt lediglich vom Timing her eine gewisse Überraschung dar. Aufgrund der aktuellen Inflationsentwicklung stand die Notenbank in London grundsätzlich schon unter Handlungsdruck. Die Unklarheiten bezüglich des weiteren Verlaufs der Coronavirus-Krise hätten den Verantwortlichen für die britische Geldpolitik im Dezember allerdings durchaus gute Gründe für ein weiteres Zögern liefern können. Selbst in diesem Fall hätte jedoch das Motto „aufgeschoben ist nicht aufgehoben“ gegolten. Insofern hat die heutige Zinsentscheidung wohl vor allem eine taktische Bedeutung für die Märkte. Zu bedenken ist in diesem Kontext zudem, dass in einem Umfeld von perspektivisch wahrscheinlich eher abklingenden Inflationsrisiken Signale in Richtung einer zukünftig strafferen geldpolitischen Ausrichtung konkrete Maßnahmen durchaus substituieren könnten.

14.25 Uhr MEZ

2021-1216