Die hohe Volatilität der US-Staatsanleiherenditen hält an, der europäische Gewerbeimmobilienmarkt erholt sich im dritten Quartal, und die Europäische Union forciert die Transformation hin zu einer Kreislaufwirtschaft.
Sorgen am US-Anleihemarkt
Die hohe Volatilität der US-Staatsanleiherenditen hält auch in dieser Woche an. Ursachen dafür sind unter anderem die Ausbreitung der neuen Coronavirus-Variante Omikron und Aussagen von Fed-Chef Jerome Powell. Dieser gab sich zunächst mit Blick auf Omikron und dessen Einfluss auf das Erreichen von Inflations- und Beschäftigungszielen vorsichtig. Am Dienstag überraschte er dann wiederum mit der Aussage, dass die US-Notenbank möglicherweise ihre Anleihekäufe stärker als bisher zurückfahren könnte. Renditen von US-Staatsanleihen über alle Laufzeiten hinweg legten in diesem von Wachstumssorgen und Inflationsängsten geprägten Umfeld eine Achterbahnbewegung hin.
Ich erwarte insbesondere mit Blick auf die kommenden Handelstage weiterhin erratische Renditeausschläge. Die nächsten Wochen werden nicht nur für Virologen und Epidemiologen, sondern auch für Anleger in festverzinsliche Wertpapiere wichtig sein. Trotz der möglicherweise kurzfristig festeren Kurse rate ich allerdings weiterhin von einem Engagement in US-Staatsanleihen ab. US-Staatsanleiherenditen sowohl kürzerer als auch längerer Laufzeiten dürften wegen abnehmender Zentralbankunterstützung und einer robusten konjunkturellen Erholung der US-Volkswirtschaft über die kommenden Monate steigen.
Mieten für Gewerbeimmobilien steigen
Der europäische Gewerbeimmobilienmarkt hat sich im dritten Quartal weiter erholt, wobei sich einzelne Segmente erneut unterschiedlich entwickelten. Dank eines Anstiegs der Flächennachfrage um 30 Prozent gegenüber dem Vorjahr erhöhten sich die Mieten für Büros im Durchschnitt so stark wie seit Ende 2019 nicht mehr. Auch bei Logistikimmobilien sorgte ein schnell wachsender Bedarf für einen ordentlichen Mietpreiszuwachs. Für den Einzelhandel und Hotels bleibt das Umfeld dagegen herausfordernd. Denn infolge wieder hoher Infektionszahlen und verschärfter Corona-Beschränkungen bleiben Käufer und Touristen vielerorts aus. Immerhin haben sich die Mieten für Einzelhandelsimmobilien an den meisten europäischen Standorten zuletzt stabilisiert. Die Mietrenditen setzten ihren moderaten Abwärtstrend im dritten Quartal zwar fort; mit durchschnittlich drei bis knapp vier Prozent Rendite je nach Marktsegment bleiben Investitionen in europäische Gewerbeimmobilien unter Ertragsgesichtspunkten aber vergleichsweise interessant.
Chemiebranche: selektive Chancen in Europa
Der europäische Chemiesektor wird von Investoren meist als konjunkturabhängige Branche betrachtet, allerdings bestehen diesbezüglich erhebliche Graustufen. Denn zahlreiche Unternehmen haben in den letzten Jahrzehnten viel darangesetzt, ihre Geschäftsmodelle weniger wachstumsabhängig aufzustellen – etwa durch die Erweiterung ihrer Produktpalette um Chemikalien für Abnehmer mit recht stetigem Bedarf wie die Nahrungsmittel- oder die Gesundheitsbranche. Gleichzeitig haben sie das Geschäft mit Grundchemikalien verkleinert, das als besonders zyklisch und vergleichsweise niedrigmargig gilt. Zudem sind im Sektor Produzenten von Industriegasen hoch gewichtet. Deren Geschäft ist recht konjunkturunabhängig, da in diesem Segment Take-or-Pay-Verträge üblich sind, bei denen der Käufer ungeachtet der abgenommenen Menge einen festen Betrag zahlt. Nichtsdestotrotz beinhaltet der Sektor Titel, die im kommenden Jahr besonders vom erwarteten Wachstum der Wirtschaft und der zunehmenden Dynamik.
Europäische Union treibt Transformation zur Kreislaufwirtschaft voran
In den Ländern der Europäischen Union (EU) fallen schätzungsweise rund 30 Millionen Tonnen an Kunststoffabfällen an – jedes Jahr. Davon wird etwa ein Drittel recycelt, während ein Viertel auf Deponien und gut 40 Prozent in Müllverbrennungsanlagen entsorgt werden. Dieser lineare Prozess, bei dem wertvolle Rohstoffe gefördert, zu Produkten verarbeitet und am Ende des Produktzyklus weggeworfen werden, belastet die Umwelt und verschwendet Ressourcen. Um dem entgegenzuwirken, forciert die EU die Transformation hin zu einer Kreislaufwirtschaft – auch im Bereich von Kunststoffverpackungen, die mehr als die Hälfte aller Plastikabfälle ausmachen. Bis 2025 müssen die EU-Länder bei Plastikverpackungen eine Recyclingquote von mindestens 60 Prozent sicherstellen. Bereits seit Juli gilt ein EU-weites Verbot der zehn häufigsten Einwegplastikartikel. Und zudem wurden zu Jahresbeginn die Exporte von Plastikmüll stärker reguliert und in Entwicklungsländer fast gänzlich verboten. Derweil treibt die Industrie ihrerseits den Transformationsprozess voran; beispielsweise im Bereich des aufwendigen Verbundstoff-Recyclings. Die Auswirkungen dürften europäische Unternehmen entlang der Wertschöpfungskette von Plastikverpackungen in unterschiedlicher Form treffen. Unternehmen der Müllsortierung und des Kunststoff-Recyclings sowie Hersteller der dafür benötigten Anlagen dürften aber zu den Gewinnern dieser strukturellen Veränderung gehören.
