Die Entdeckung der Virusvariante „B.1.1.529“ bringt die Coronavirus-Sorgen schlagartig zurück aufs Börsenparkett, der Koalitionsvertrag wird der Öffentlichkeit zugänglich gemacht, und die Börse Australiens bleibt seit Anfang Juli hinter dem MSCI World Index zurück.
Coronavirus: Variante „B.1.1.529“ drückt die Kurse
In der Rangliste der unter Fondsmanagern meistgefürchteten Kapitalmarktrisiken belegte die Coronavirus-Pandemie zuletzt nur noch den fünften Platz. Inflation, Leitzinsanhebungen, Wachstumsschwäche in China und potenzielle Blasenbildungen wurden jeweils häufiger genannt. Neue Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen in mehreren europäischen Volkswirtschaften, die Entdeckung der Virusvariante „B.1.1.529“ und erneute Beschränkungen des Flugverkehrs brachten die Coronavirus-Sorgen jedoch schlagartig zurück aufs Börsenparkett. Die Rendite zehnjähriger US-Staatsanleihen fiel am Freitag um 0,16 Prozentpunkte, der DAX um 4,15 Prozent und der Rohölpreis (Brent) sogar um 11,55 Prozent. Mitverantwortlich für die starken Bewegungen war auch die geringe Liquidität im Markt, da die US-Börsen bereits am frühen Nachmittag schlossen.
Zwar hat Angelique Coetzee, die Vorsitzende des südafrikanischen Ärzteverbands South African Medical Association, dem britischen Guardian gegenüber geäußert, dass die sogenannte Omikron-Variante möglicherweise hoch ansteckend sein könnte, bisher aber nur sehr milde Verläufe beobachtet wurden. Wie groß die Bedrohung durch „B.1.1.529“ aber für die Weltwirtschaft und für die Kapitalmärkte ist, lässt sich zu diesem Zeitpunkt noch nicht absehen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) stuft Omikron als „besorgniserregend“ ein. Entsprechend dürften die Schwankungen an der Börse groß ble
iben, bis mehr Informationen zum Virus und den Reaktionen der Regierungen vorliegen. Zudem erwarte ich, dass Anleger – wie bereits Freitag zu beobachten war – in das Muster der ersten Pandemiewelle zurückfallen und sogenannte „Stay-at-home“-Titel wie Aktien von unter anderem Impfstoffproduzenten, Essenslieferanten und Streaming Anbietern kaufen. Zyklische Segmente und gerade Reise-, Konsum- und Rohstoffaktien sollten hingegen unter Druck bleiben.

Was der Koalitionsvertrag für die Kapitalmärkte bedeutet
Rund zwei Monate nach der Bundestagswahl im September wurde vergangene Woche der Koalitionsvertrag zwischen der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands, dem Bündnis 90/Die Grünen und der Freien Demokratischen Partei der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Wie zu erwarten war, bilden die Themen Digitalisierung und Klimaschutz die Kernelemente des 177 Seiten umfassenden Dokuments. Aus Sicht von Investoren ist daneben auch das Bekenntnis zur Schuldenbremse ab 2023 ein wichtiger Bestandteil, da damit nach 2022 der fiskalische Spielraum Deutschlands wieder begrenzt wird. Insgesamt erwarte ich mit Blick auf die Kapitalmärkte allerdings trotz der durchaus ambitionierten Vorhaben keinen großen Einfluss auf Aktien- oder Anleihekurse. Da der DAX in seiner Ausgestaltung weiterhin in großem Umfang vom Auslandsgeschäft abhängig ist, spielen auch die geplanten sozialen Maßnahmen – wie zum Beispiel die Erhöhung des Mindestlohns auf 12 Euro pro Stunde – für die gelisteten Unternehmen keine größere Rolle. Nutznießer der Pläne der neuen Regierung dürften Infrastrukturunternehmen sein, die von den gesteigerten Investitionen in die Energiewende profitieren sollten.
Ausblick für australische Aktien verbessert
Die Börse Australiens bleibt seit Anfang Juli mit einer Performance von zwei Prozent in Euro gut sieben Prozentpunkte hinter dem MSCI World Index zurück. Vor allem erneute Lockdowns an der Ostküste sowie ein gedämpftes Wachstum in China – Australiens mit Abstand wichtigstem Handelspartner – dürften das Wirtschaftswachstum im dritten Quartal belastet haben.
Lockerungen der Kontaktbeschränkungen sowie teilweise Öffnungen des internationalen Reiseverkehrs lassen die Australier zwar insgesamt hoffnungsvoller in die Zukunft blicken. Zuletzt höhere Inputpreise und Arbeitslöhne dürften jedoch die Ertragsmargen australischer Unternehmen in den kommenden Monaten belasten. Das für 2022 durchschnittlich erwartete Gewinnwachstum ist seit Mitte des Jahres von rund 16 Prozent auf drei Prozent zurückgegangen, bei annähernd gleichem Kurs-Gewinn-Verhältnis von rund 18. Statt in den breiten Markt zu investieren, könnten Anleger daher gezielt nach Unternehmen oder Sektoren mit attraktiverem Kurspotenzial Ausschau halten. Sollte die begonnene Normalisierung des wirtschaftlichen und sozialen Lebens fortschreiten, könnten Unternehmen mit hoher Preissetzungsmacht beispielsweise des zyklischen Konsums sowie Rohstoffunternehmen dazugehören, die nach den Kurskorrekturen der vergangenen Monate relativ günstig bewertet sind.