Die USA zapfen ihre Ölreserven an, die Zuflüsse in US-Aktienfonds und -ETFs könnten ein Rekordniveau erreichen, und Japans Regierung gibt einen Stimulus in Rekordhöhe bekannt.

USA kann Ölpreise nicht bremsen

Die USA haben gestern entschieden, zur Eindämmung der Ölpreisentwicklung 50 Millionen Barrel Rohöl aus ihrer strategischen Reserve bereitzustellen. Weitere Länder – darunter Japan und Indien – möchten sich mit deutlich kleineren Mengen an der Aktion beteiligen. Obwohl die US-Reserven noch nie zuvor so stark angezapft worden sind, verteuerte sich Rohöl nach Bekanntgabe der Entscheidung um bis zu drei Prozent – die Märkte hatten offensichtlich mehr erwartet. Auch ich sehe keine nachhaltige Verbesserung der Angebotssituation. Das zusätzliche Angebot von 50 Millionen Barrel entspricht gerade einmal der Hälfte des geschätzten Tagesbedarfs an Rohöl weltweit. Schon gar nicht dürfte es reichen, um die relativ niedrigen Rohöl-Lagerbestände der Wirtschaft aufzufüllen. Gleichzeitig bleibt die Nachfrage nach dem „schwarzen Gold“ auch als Ersatz für andere stark verteuerte Energieträger wie Erdgas hoch. Erwartungen, der Anstieg der Coronavirus-Infektionen in Europa könne die Ölnachfrage signifikant dämpfen, sind überzogen. Selbst während des harten Lockdowns im letzten Winter ist die Ölnachfrage außerhalb Chinas gerade einmal um etwa eine Million Barrel pro Tag gesunken. Vorerst ist wohl kaum mit deutlich niedrigeren Ölpreisen zu rechnen.

Niedrigzinsumfeld: Aktien stark nachgefragt

In diesem Jahr sind bisher circa 220 Milliarden US-Dollar in US-Aktienfonds und -ETFs geflossen. Setzt sich dieses Tempo im Dezember fort, würden die Zuflüsse ein Rekordniveau erreichen. US-Haushalte, ausländische Anleger, Publikums- und Pensionsfonds halten insgesamt mehr als 80 Prozent aller US-Aktien – der Rest verteilt sich unter anderem auf Hedgefonds, Nicht-Finanzunternehmen und Versicherungen – und haben vor dem Hintergrund des anhaltenden Niedrigzinsumfelds inzwischen über die Hälfte ihrer Portfolios in Aktien angelegt. Da die Aktienallokationen in der Regel zunehmen, wenn das Verbrauchervertrauen hoch ist, die politische Unsicherheit begrenzt bleibt und das Wirtschaftswachstum robust ausfällt, könnte es angesichts des positiven Konjunkturausblicks für 2022 zu weiteren Umschichtungen in Aktien kommen. Diese sollten die Kurse strukturell stützen.

Mehr Unternehmen streben an die Börse

Dieses Jahr entwickelt sich für Börsengänge zu einem noch besseren als 2020. Bereits Ende Oktober haben die Höhe des eingesammelten Kapitals und die Anzahl der an die Börse strebenden Unternehmen in den USA das Vorjahr übertroffen. Mitverantwortlich für den Kapitalmarktboom waren sogenannte Special Purpose Acquisition Companys, kurz SPACs. Bei SPACs handelt es sich um börsengelistete Mantelgesellschaften ohne eigenes Geschäft, die das eingesammelte Kapital zur Übernahme nicht gelisteter Unternehmen verwenden. In diesem Jahr übertraf die Anzahl der SPACs mit mehr als 540 sogar die Anzahl klassischer Börsengänge, die bei rund 360 liegen. Profiteure des Kapitalmarktbooms sind unter anderem Investmentbanken, die hohe Erträge im Geschäft der Börsengänge genieren können. Vor dem Hintergrund einer zu erwartenden regen Kapitalmarktaktivität, steigender Anleiherenditen und einer sich erholenden Weltwirtschaft erwarte ich für den Finanzsektor weiterhin positive Ertragsaussichten.

Rekord-Stimulus in Japan

Japans Regierung gab am vergangenen Freitag einen Stimulus in Rekordhöhe bekannt – knapp 56 Billionen Yen, gut zehn Prozent der Wirtschaftsleistung. Schätzungen waren zuerst von 30 Billionen Yen, später von 40 Billionen Yen ausgegangen. Das Paket setzt sich aus vier Blöcken zusammen:
Rund 40 Prozent machen Präventivmaßnahmen gegen das Coronavirus aus. Hierzu gehören unter anderen der Ausbau des Gesundheitssystems, Subventionen für kleine und mittlere Unternehmen sowie die Unterstützung der Wirtschaft beim Umgang mit den hohen Energiepreisen.
36 Prozent fallen unter die Rubrik „Neuer Kapitalismus“ und sollen sowohl die finanzielle Ungleichheit reduzieren als auch für langfristige Wachstumsimpulse sorgen. Ersteres soll durch Direktzahlungen an Familien mit Kindern und Lohnerhöhungen für Pflegekräfte gelingen. Nachhaltiges Wachstum könnten Investitionen in die Halbleiterproduktion, Grüne Technologien und 5G-Abdeckung sowie ein Universitätsfonds generieren.
17 Prozent der Mittel sind für Reisezuschüsse sowie die Entwicklung eigener Coronavirus-Impfstoffe und -Medikamente vorgesehen und sollen die Wiedereröffnung beleben sowie für den Fall zukünftiger Krisensituationen vorsorgen.
Die restlichen sieben Prozent werden voraussichtlich der Katastrophenprävention sowie der Infrastruktur zugutekommen.