Die Goldpreise scheitern erneut an der Marke von 1.800 US-Dollar je Feinunze, Chinas Wirtschaftswachstum verliert an Schwung, und die Wachstumsprognosen des Internationalen Währungsfonds für Indien stimmen positiv.

Anhaltender Gegenwind für die Goldpreise

Erneut scheiterten die Goldpreise in der vergangenen Woche an der Marke von 1.800 US-Dollar je Feinunze. Im dritten Quartal verzeichneten börsengehandelte, mit Gold hinterlegte Produkte weitere Abflüsse, insbesondere in den USA. Zudem befinden sich die Kauf-Positionen spekulativ orientierter Marktteilnehmer momentan in der Nähe ihrer Jahrestiefstände. Des Weiteren belastete ein allmähliches Umschwenken der Notenbanken hin zu einer restriktiveren Geldpolitik und darauf folgend ein steigendes Kapitalmarktzinsniveau die Preise des Edelmetalls. Dass die Marktakteure nun eine erste Zinserhöhung der US-Notenbank bereits für das dritte Quartal 2022 einpreisen, hatte ein Aufwerten des US-Dollars zur Folge, was Gold außerhalb der USA verteuerte. Zwar stieg im September die physische Goldnachfrage in China um 32 Prozent zum Vormonat und die Notenbanken Indiens, Kasachstans, Usbekistans und der Türkei erwarben im August 28 Tonnen Gold für ihre Reserven – dies allein reicht jedoch nicht aus, die Goldpreise nachhaltig anzuschieben. Gold könnte deshalb noch eine Weile lang seitwärts handeln, mit dem Risiko weiterer Kursrücksetzer.

Chinas Wirtschaft verliert an Schwung

Chinas Wirtschaftswachstum hat im dritten Quartal mit einem Plus von 4,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahr erwartungsgemäß an Schwung verloren. Auf die ersten neun Monate ist das Wachstum mit 9,8 Prozent aber robust.
Die Einzelhandelsumsätze und die Industrieproduktion zeigten für chinesische Verhältnisse relativ bescheidene Zuwächse von 4,4 Prozent beziehungsweise von 3,1 Prozent. Teilweise Produktionsausfälle infolge von Stromrationierungen sowie steigende Rohstoffpreise haben unter anderem die Umsätze der Textil-, Bekleidungs- und Automobilbranche gemindert. Und die anhaltende Krise im Immobiliensektor, der immerhin für rund 30 Prozent der Wirtschaftsleistung Chinas verantwortlich ist, belastet neben der Baubranche und der Möbelindustrie auch die Steuereinnahmen lokaler Gebietskörperschaften und damit deren Infrastrukturinvestitionen. Dies dürfte die chinesische Notenbank bei ihren zukünftigen Entscheidungen hinsichtlich möglicher Lockerungen der Kredit- und Liquiditätsbedingungen für Unternehmen und Geschäftsbanken im Blick haben. Kurzfristig könnten die bestehenden Unsicherheiten die Anlegerstimmung dominieren und die Volatilität an Chinas Börsen hoch halten. 2022 sollten jedoch die Negativeffekte der Energiekrise und der Angebotsengpässe abnehmen und sich Chinas Wirtschaftswachstum auf etwa den vom Internationalen Währungsfonds erwarteten 5,6 Prozent stabilisieren.
An den Börsen scheinen die Sorgen vor einer Wachstumsschwäche der chinesischen Volkswirtschaft unterschiedlich stark ausgeprägt zu sein. Während die Bewertungen der 50 europäischen Unternehmen mit der größten Abhängigkeit vom Geschäft in China seit Ende Juli im Schnitt um 13 Prozent gesunken ist, korrigierten Anleger ihre Bewertung der abhängigsten US-Konzerne hingegen kaum. Im gleichen Zeitraum verbuchten die US-Unternehmen sogar acht Prozentpunkte höhere Kursgewinne als der Gesamtmarkt. Dies dürfte einerseits daran liegen, dass sich unter ihnen zahlreiche Anlegerfavoriten aus dem IT-Sektor wiederfinden; andererseits könnten Hoffnungen auf ein umfangreiches US-Infrastrukturpaket für die Resilienz von US-Titeln aus den Bereichen Industrie, Roh- und Grundstoffe verantwortlich sein. Vor diesem Hintergrund sehe ich in den USA das größere Risiko für Kurskorrekturen, sollte sich die Wachstumsdelle in China wider Erwarten vertiefen.

Optimistischer Ausblick für Indiens Wirtschaft

In Indien ist die Inflationsrate von 5,3 Prozent im August auf 4,4 Prozent im September zurückgegangen – der niedrigste Wert seit fünf Monaten. Die Teuerungsrate liegt damit den dritten Monat in Folge innerhalb des Zielbereichs der Notenbank Indiens – der Reserve Bank of India, kurz RBI – von zwei bis sechs Prozent. Gleichzeitig sanken auch die Produzentenpreise von 11,4 Prozent im August auf 10,7 Prozent im September. Die RBI beschloss daraufhin in ihrer Oktobersitzung, an der bisherigen Geldpolitik festzuhalten und den wirtschaftlichen Aufschwung weiter zu unterstützen. Und auch die jüngst vom Internationalen Währungsfonds (IWF) veröffentlichten Wachstumsprognosen stimmen positiv: Während die Aussichten für das globale Wachstum 2021 leicht auf 5,9 Prozent gesenkt wurden, bleibt der IWF für Indien bei 9,5 Prozent 2021 und 8,5 Prozent 2022. Gute Voraussetzungen für dortige Unternehmen, für die einige Analysten für die beginnende Quartalsberichtssaison mit einem durchschnittlichen Gewinnwachstum nach Steuern von 26 Prozent rechnen, insbesondere getrieben durch Rohstoff- und Energiewerte. Den indischen Aktienmarkt halte ich daher trotz eines für die kommenden zwölf Monate erwarteten Kurs-Gewinn-Verhältnisses von 23 weiterhin für interessant.