Der globale Handel ist kaum zu bremsen, die Energiepreise steigen weiter, und Schwedens Aktienmarkt lockt viele Investoren an.
Welthandel: Industriestaaten vor stärkerem Exportwachstum
Trotz Lieferkettenproblemen, explodierenden Transportkosten und einem Wiederaufflammen der Coronavirus-Pandemie ist der globale Handel kaum zu bremsen. Zur Jahresmitte lagen die Exporte 22 Prozent über dem Vorkrisenniveau. In Mittel- und Osteuropa, im Nahen Osten und in Afrika waren die Zuwächse mit 28,5 besonders groß – auch in China war das Plus mit 26,5 Prozent überdurchschnittlich. Die USA verzeichneten dagegen nur einen Zuwachs von 11,3 Prozent, der Euroraum von 14,5 Prozent. Das Exportwachstum könnte sich aber bald zugunsten der Industriestaaten verschieben, denn der Nachholbedarf bei Investitionen ist vor allem auch in den Schwellenländern groß. Da die Impfkampagnen an Fahrt aufgenommen haben und die Regierungen auf weniger strenge Corona-Beschränkungen setzen, nehmen das Wachstum und die Investitionsbereitschaft dort zu. Vom steigenden Bedarf an Maschinen und Ausrüstungen in den Schwellenländern werden auch viele Hersteller in den Industriestaaten profitieren. Ich sehe daher für die Industrie in Deutschland mit ihrer relativ starken Ausrichtung auf Investitionsgüter auch für das kommende Jahr interessante Ertragsperspektiven.
Eurozone: Energiepreise treiben die Inflation
Energie hat sich bis zuletzt immer weiter verteuert; in der Eurozone stiegen die Preise im August gegenüber dem Vorjahr um 15,4 Prozent und damit so schnell wie seit 13 Jahren nicht mehr. Energieträger machen knapp zehn Prozent des für die Berechnung der Verbraucherpreise relevanten Warenkorbs aus und sind damit etwa für die Hälfte des Anstiegs der Inflationsrate um gut drei Prozentpunkte seit August 2020 verantwortlich.
Zunächst waren höhere Kraftstoffpreise die Haupttreiber des Energiepreisanstiegs, zuletzt verteuerten sich auch Strom und Gas immer mehr. Eine schnelle Entlastung ist kaum zu erwarten, zumal höhere Abgaben auf fossile Energieträger für weiteren Preisauftrieb sorgen. Ich sehe daher ein Risiko, dass die Inflation für einige Zeit auf einem hohen Niveau bleiben wird. Je länger der Energiepreisanstieg anhält, desto größer ist die Gefahr sogenannter Zweitrundeneffekte. Denn Arbeitskräfte könnten zum Ausgleich höhere Löhne fordern oder Unternehmen die gestiegenen Kosten für Öl, Strom und Gas an die Verbraucher weitergeben. Anleger sollten sich auf eine längere Phase hoher Preissteigerungen einstellen und Realwerte wie Aktien und Immobilien nicht aus den Augen verlieren.
Schweden: Zahl der Börsengänge nimmt zu
Der schwedische Aktienmarkt erlebt in puncto Börsengänge das geschäftigste Jahr seit 2000. 83 Unternehmen gingen in diesem Jahr in Stockholm an die Börse und sammelten 6,4 Milliarden US-Dollar ein. Eine blühende Start-up-Szene sowie lockerere regulatorische Anforderungen spiegeln sich in den 950 gelisteten Konzernen wider. Das ist Rekord mit rund 125 Unternehmen mehr als in Deutschland, der Nummer zwei der Rangliste der EU-Länder mit den meisten Notierungen. Entsprechend lockt der lebhafte Aktienmarkt viele Investoren an. So warf der Leitindex OMX Stockholm 30 im Laufe des Jahres bereits zehn Prozent mehr Rendite ab als der DAX. Damit stieg allerdings auch das Risiko einer Überhitzung. Im Jahr 2020 überschritt der Marktwert der schwedischen Konzerne das Doppelte des Bruttoinlandsprodukts. Das ist mit Abstand die höchste Quote unter den nordischen Ländern. Mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von rund 19 auf Basis der erwarteten Gewinne in den kommenden zwölf Monaten ist der schwedische Aktienmarkt auch deutlich teurer bewertet als der europäische mit einem KGV von 16 oder der deutsche mit einem KGV von 14. Von einem jetzigen Einstieg würde ich daher absehen.
Öl: Lagerbestände nehmen ab
China will bis Ende September rund 7,4 Millionen Barrel Öl aus den strategischen Beständen verkaufen. Dennoch notierten die Ölpreise gestern zeitweise auf einem Sechs-Wochen-Hoch. Kurzfristig ist unter anderem der Hurrikan Nicholas verantwortlich, der dafür sorgte, dass sowohl ein Teil der Ölproduktion im Golf von Mexiko als auch Raffinerien in Texas vorübergehend stillgelegt wurden. Nachhaltiger dürften die Ölpreise von der Tatsache gestützt werden, dass die globalen Öllagerbestände auf das niedrigste Niveau seit 20 Monaten gesunken sind. Gemäß einer Analysefirma sind weltweit aktuell knapp drei Milliarden Barrel Öl in Lagern an Land verfügbar – so wenig wie zuletzt im Januar 2020. Die Bestände, die mangels Nachfrage während der Coronavirus-Pandemie aufgebaut wurden, sind somit nun komplett abgebaut. Zwar denke ich nicht, dass die Ölpreise momentan starkes Aufwärtspotenzial besitzen. Das Wiederauffüllen der Lager sollte die Preise aber stützen und deutliche Rückgänge verhindern.
