Unternehmen schütten wieder mehr Dividenden aus, das US-Infrastrukturpaket muss noch einige politische Hürden nehmen, und die Verschuldung der US-Unternehmen ist während der Coronavirus-Pandemie gestiegen.
Comeback der Dividenden
Unternehmen schütten dank sich schnell erholender Gewinne und einer abnehmenden wirtschaftlichen Unsicherheit wieder mehr Dividenden aus. In der Eurozone und in den USA könnten die Ausschüttungen 2021 rund fünf Prozent höher ausfallen als im Vorkrisenjahr 2019, in Japan zehn Prozent und in den Schwellenländern sogar 18 Prozent. Trotz der starken Zuwächse sehe ich noch Luft nach oben. Bei europäischen Unternehmen liegt die Ausschüttungsquote etwa fünf Prozentpunkte unterhalb des Durchschnitts der vergangenen fünf Jahre. Auch sollten die Gewinne der Unternehmen weiter steigen, was Spielräume für höhere Dividenden eröffnen würde. Zwar liegt die Dividendenrendite im Euroraum mit aktuell 2,7 Prozent fast einen Prozentpunkt unterhalb des Zehn-Jahres-Durchschnitts. Im Vergleich zu Anleihen erscheinen Aktien für ausschüttungsorientierte Anleger damit aber dennoch interessant – die durchschnittliche Rendite von Euro-Staatsanleihen über alle Laufzeiten hinweg liegt aktuell bei minus 0,17 Prozent, die von Unternehmensanleihen mit einem „Investment-Grade“-Rating aus dem Euroraum liegt bei plus 0,16 Prozent.
US-Infrastrukturpaket stützt Bau-Sektor
Das US-Infrastrukturpaket im Volumen von gut einer Billion US-Dollar, welches von Republikanern und Demokraten gemeinsam ausgearbeitet wurde, muss zwar noch einige politische Hürden nehmen. Es bestehen jedoch wenig Zweifel, dass es im Laufe des Jahres verabschiedet wird. Dies sehen auch Anleger so: Aktien aus Branchen wie Baustoffen und -maschinen, Stahl sowie Anlagebau – die von den öffentlichen Investitionen profitieren sollten – haben seit Jahresbeginn deutlich zugelegt und werden gemessen am Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) inzwischen mit hohen Bewertungen gehandelt. Für US-Bauunternehmen liegt der Aufschlag beispielsweise derzeit 23 Prozent über dem Fünf-Jahres-Durchschnitt.
Aktien von Eisenbahngesellschaften, die mit dem Transport der für den Infrastrukturausbau benötigten Materialien betraut werden dürften, könnten für Anleger indes eine günstigere Alternative mit Aufholpotenzial darstellen. Die Branche hat 2021 erst 13 Prozent zugelegt und das durchschnittliche KGV liegt mit 21 nur wenig über dem Fünf-Jahres-Durchschnitt von 19.
US-Unternehmen weiterhin solide
Die Verschuldung der US-Unternehmen ist während der Pandemie auf 11,2 Billionen US-Dollar gestiegen; 7,4 Billionen davon entfallen auf Anleihen, der Rest auf Kredite. Trotz der zuletzt starken Ausweitung kann von einer allgemeinen Überschuldung keine Rede sein. Die Verbindlichkeiten belaufen sich nur auf etwa 25 Prozent des Eigenkapitals der Unternehmen. Das ist einer der niedrigsten Werte der vergangenen 25 Jahre; in der Regel lag der Anteil zwischen 30 und 60 Prozent. Dennoch rate ich bei US-Unternehmensanleihen weiterhin zur Vorsicht. Bei Bonds mit einem „Investment-Grade“-Rating liegt der Renditeaufschlag gegenüber US-Staatsanleihen nur noch bei knapp einem Prozentpunkt. Auch bei Anleihen mit schwächerer Bonitätsbewertung – den sogenannten High Yields – befindet sich der Renditeaufschlag mit etwa drei Prozentpunkten auf einem historisch niedrigen Niveau. Somit sind Kursverluste kaum zu vermeiden, sollte das Zinsniveau in den USA – wie von mir erwartet – allgemein ansteigen.
Berichtssaison Australien: 2022er Gewinnprognosen zurückgehalten
Rund die Hälfte der börsennotierten Unternehmen in Down Under haben bislang Zahlen zum abgelaufenen Geschäftsjahr 2021 vorgelegt. Während ein knappes Drittel der Konzerne hinter den Gewinnerwartungen zurückblieb, konnten 48 Prozent diese deutlich schlagen. Insbesondere Rohstoff- und Finanztitel überzeugten mit positiven Ergebnissen. Trotz der guten Zahlen kann Australien perspektivisch aber nicht mit vielversprechenden Argumenten aufwarten. Obwohl die Impfdynamik etwas an Fahrt aufgenommen hat, sind weitreichende Lockdowns bis Ende September vorgesehen. Auch erkranken aktuell mehr Australier am Coronavirus als je zuvor. Als wäre das nicht genug, notiert der Preis für Eisenerz – dem wichtigste Exportprodukt – etwa 25 Prozent tiefer als noch vor einem Monat und die Nachfrage Chinas – dem bedeutendsten Abnehmer – ist wegen Produktionsbeschränkungen kräftig gesunken. In Anbetracht der Unsicherheiten mieden viele Unternehmen die Herausgabe einer Gewinnprognose für das Geschäftsjahr 2022. Insgesamt bleiben australische Aktien damit weiterhin keine Empfehlung.
