Der US-Senat einigte sich laut Presse in einer außerordentlichen Sitzung am Samstag noch nicht auf ein Konjunkturpaket für die Infrastruktur. Vom parteipolitischen Diskurs unbeeindruckt, stieg der Konsumklimaindex der Universität Michigan mit 81,2 Punkten stärker als erwartet. Verantwortlich dürften höhere Einkommen und Konsumausgaben sein. Auch der Chicago Stimmungsindikator für die Wirtschaft stieg kräftig. Der Internationale Währungsfonds hat folgerichtig die Wachstumsprognosen für die USA in diesem Jahr auf sieben Prozent angehoben. Mich überrascht es nicht, dass mahnende Stimmen vor diesem Hintergrund sowie wegen der Diskussion um eine restriktivere Geldpolitik und wegen der Ausbreitung der Delta-Variante den Höhepunkt der Wachstumsdynamik erreicht sehen. Auch ich glaube, dass die höchsten Wachstumsraten in den USA hinter uns liegen.
Berichtssaison USA: gute Zahlen, verhaltene Reaktionen
Der Höhepunkt der US-Berichtssaison liegt nun hinter uns. Bisher haben gerade einmal zwölf Prozent der Unternehmen die Gewinnerwartungen der Analysten verfehlt, bei den Umsätzen waren es nur 17 Prozent. Das durchschnittliche Gewinn- und Umsatzwachstum liegt bei 83 beziehungsweise 23 Prozent. Trotz dieser Zahlen fiel die Reaktion des Marktes wie schon in den drei zurückliegenden Berichtssaisons mager aus. Im Durchschnitt schlossen Aktien von Unternehmen, deren Gewinne die Analystenerwartungen übertroffen hatten, den Handelstag sogar knapp im Minus ab. Dazu beigetragen haben auch Firmenchefs großer IT-Konzerne, die sich mit dem Verweis auf Lieferschwierigkeiten bei Vorprodukten recht verhalten zur weiteren Umsatzentwicklung äußerten. Der S&P 500 verbuchte dennoch den sechsten Monat in Folge Zugewinne. Angesichts der vergleichsweise hohen Bewertung, einer abnehmenden Konjunkturdynamik in den USA sowie einer sich möglicherweise anbahnenden erneuten Anlegerrotation von hochgewichteten Pandemiegewinnern – wie IT- und Kommunikationsunternehmen – zu Nachzüglern – aus den Bereichen Konsum, Reise und Freizeit – könnte die Rally in den kommenden Monaten jedoch ein wenig ins Stocken geraten.
Reale US-Renditen auf Rekordtief
Die Rendite zehnjähriger inflationsgesicherter US-Staatsanleihen (TIPS) erreichte Ende vergangener Woche mit minus 1,18 Prozent einen historischen Tiefstand. Obwohl die Konjunkturrisiken wegen der Delta-Variante des Coronavirus zweifellos zugenommen haben, ist der in einem solch niedrigen Realzinsniveau eingepreiste Konjunkturpessimismus aus meiner Sicht nicht gerechtfertigt. Selbst während der Rezession im Frühjahr 2020 lag die Realrendite mit etwa minus 0,5 Prozent deutlich höher. Wichtige Frühindikatoren wie der ISM-Einkaufsmanagerindex befinden sich trotz leichter Rückschläge immer noch nahe historischen Höchstständen und signalisieren eine anhaltend starke Erholung. Da die Impfquote nicht nur in den USA bereits sehr hoch ist, können Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie dosierter und ohne massiven Schaden für die Wirtschaft ergriffen werden. Die Konjunkturzuversicht dürfte daher bald wieder zunehmen, wobei neben den Renditen der TIPS auch die der nicht inflationsgesicherten US-Treasuries wieder anziehen sollten.
Schweden: steter Aufwärtstrend am Aktienmarkt
Der schwedische Leitindex OMX Stockholm 30 befindet sich seit Monaten in einem nahezu stetigen Aufwärtstrend. 2021 beträgt das Plus bereits 27 Prozent, seit dem Tief im März letzten Jahres hat der Index inzwischen knapp 85 Prozent zugelegt.
Besonders stark haben Unternehmen aus den Sektoren Industrie, Finanzen und konjunkturabhängiger Konsum zur Indexentwicklung beigetragen. Sie stehen für insgesamt 70 Prozent des OMX Stockholm 30. Die Aktienkurse vieler dieser Unternehmen haben sich über diesen Zeitraum mehr als verdoppelt. Wenngleich ein Großteil der schwedischen Hausse auf eine Verbesserung der Gewinnaussichten zurückzuführen ist, liegt das Kurs-Gewinn-Verhältnis des OMX Stockholm 30 mit 19x mittlerweile gut 25 Prozent über dem Durchschnitt der vergangenen zehn Jahre, und der Aufschlag zum europäischen Gesamtmarkt ist auf 16 Prozent gestiegen. Mittelfristig dürfte dies eine Fortsetzung der Outperformance erschweren.
China: Kursverluste setzen sich fort
Die vergangene Woche endete für die Börsen in China, wie sie begonnen hatte: mit Verlusten. Die Hongkonger Aktien des Hang Seng Index schlossen mit einem Minus von 1,4 Prozent und verloren damit über die Woche insgesamt sechs Prozent an Wert – ebenso viel, wie die im CSI 300 Index gelisteten Festland-Aktien. Noch schlimmer traf es den Hongkonger Teilindex der Tech-Unternehmen mit Verlusten von 2,6 Prozent am Freitag beziehungsweise 7,7 Prozent auf Wochensicht. Zunehmender Regulierungsdruck Pekings auf Chinas große Privatunternehmen der „New Economy“ hat die Anlegerstimmung gedrückt und zu Verkäufen auf breiter Front geführt. Allein vom 22. bis 28. Juli zogen Anleger umgerechnet netto 3,6 Milliarden US-Dollar von der Hongkonger Börse ab. Davon profitierten in der vergangenen Woche die Aktienmärkte anderer asiatischer Schwellenländer mit Nettozuflüssen von 2,6 Milliarden US-Dollar. Unternehmen in Indien oder in Südkorea könnten Anlegern mögliche Alternativen bieten. Das für die kommenden zwölf Monate erwartete Gewinnwachstum dieser Unternehmen liegt bei durchschnittlich 30 Prozent – mehr als doppelt so hoch wie in China.
