In Deutschland steigen die Preise so stark wie zuletzt vor 27 Jahren, der US-Senat verhandelt über die Details des Infrastrukturpakets, und Nickel ist nach einem Preisrücksetzer wieder gefragt.
Inflation in Deutschland springt nach oben
Die Verbraucherpreise Deutschlands warteten gestern mit einer negativen Überraschung auf. Die Inflation ist im Juli sprunghaft angestiegen, von 2,3 auf 3,8 Prozent. Eine ähnlich hohe Preissteigerungsrate gab es zuletzt 1994. Längst sind nicht mehr nur höhere Energiepreise für den Inflationsanstieg verantwortlich – auch Bekleidung, Haushaltsgeräte und viele Dienstleistungen haben sich stark verteuert. Zwar ist das im Vorjahresvergleich höhere Preisniveau auch auf die zeitweise Senkung der Mehrwertsteuer im Juli 2020 zurückzuführen; die Rückkehr zum alten Steuersatz Anfang 2021 erklärt aber schätzungsweise nur etwa einen halben Prozentpunkt des Inflationsanstiegs von insgesamt fast vier Prozentpunkten in den vergangenen zwölf Monaten. Trotz des allgemein höheren Preisdrucks in Deutschland sollte die Inflation wieder etwas nachgeben, wenn sich die Energiepreise stabilisieren und Sondereffekte wie die kurzfristige Mehrwertsteuersenkung wegfallen. Die Zeit anhaltend niedriger Verbraucherpreise dürfte aber dennoch vorbei sein. Vor diesem Hintergrund sollten Anleger Realwerte wie Aktien und Immobilien in einem Umfeld anhaltend niedriger Zinsen im Euroraum meines Erachtens im Blick behalten.
US-Wachstum schwächer als erwartet
Die erste Schätzung zum Wirtschaftswachstum der USA im zweiten Quartal 2021 lieferte eine leichte Enttäuschung. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) stieg gegenüber dem Vorquartal um auf ein Jahr hochgerechnet (annualisiert) 6,5 Prozent; Analysten hatten im Schnitt 8,5 Prozent Wachstum prognostiziert. Immerhin übertraf der Anstieg des privaten Konsums mit annualisiert 11,8 Prozent im Vergleich zum Vorquartal die Erwartungen, während der Beitrag staatlicher Stellen zur Wirtschaftsleistung sogar leicht schrumpfte. Die Daten könnten etwas Schwung in die anstehenden Senatsverhandlungen des von Demokraten und Republikanern gemeinsam entworfenen Infrastrukturpakets bringen. Dieses sieht Ausgaben von insgesamt 550 Milliarden US-Dollar über fünf Jahre vor. Fließen sollen die Gelder unter anderem in die Renovierung von Straßen und Brücken, in den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs sowie von schnelleren Internetverbindungen und von Ladestationen für E-Autos. Wenngleich viele Details des Pakets noch unklar sind, halte ich es für wahrscheinlich, dass es ungefähr in diesem Umfang im Laufe des Jahres verabschiedet werden wird. Direkt vom Paket profitieren sollten insbesondere US-Unternehmen, da US-Präsident Joe Biden bereits angekündigt hat, den Buy American Act zu verschärfen, der die Regierung dazu verpflichtet, Aufträge vorwiegend an heimische Konzerne zu geben.
Steigende Nachfrage nach Autobatterien
Neue Klimaziele mit verschärften Emissionsvorgaben haben den Umstieg auf Elektromobilität beschleunigt. Bei Personenwagen gilt dabei der batterie-elektrische Antrieb als die zurzeit effizienteste Antriebsmethode. Der Marktanteil voll elektrischer Pkw sowie Plug-in-Hybride dürfte 2025 global auf mehr als 20 Prozent zulegen und könnte 2040 die 65-Prozent-Marke übersteigen. Nimmt man die von den großen Automobilherstellern in den vergangenen sechs Monaten veröffentlichten Absatzziele für batterieelektrische Fahrzeuge als Basis, steigt die Nachfrage so stark, dass ab 2025 Engpässe bei Autobatterien trotz starker Kapazitätsausweitungen nicht auszuschließen sind. Seit Anfang 2020 zogen die Umsätze führender, insbesondere asiatischer Batteriehersteller und -zulieferer kontinuierlich an. Dies sollte sich auch in den kommenden Quartalen fortsetzen. Eine verbesserte Auslastung bei den Herstellern und möglicher Spielraum bei Preisanpassungen infolge der robusten Nachfrage dürfte dazu beitragen, dass deren Margen weiter anziehen können.
Schub für Nickelpreise
Batteriehersteller mit Kunden aus dem Bereich der Elektromobilität fragen verstärkt Nickel nach. Für diese Batterien wird dabei eine besondere Nickel-Qualität benötigt. Als im Februar ein chinesischer Anbieter bekannt gab, ein effizienteres Verfahren gefunden zu haben, um diese Qualität bereitstellen zu können, sorgte sich der Markt um ein Überangebot. In der Folge endete die seit März 2020 anhaltende Nickel-Preisrally, und es kam zu einem Preisrücksetzer von etwa 17 Prozent. Ende April setzte sich am Markt dann aber die Erkenntnis durch, dass die Edelstahlindustrie mit einem Anteil von etwa 70 Prozent der Nickel-Nachfrage von größerer Bedeutung ist. Zudem traten Meldungen über Angebotskürzungen, verursacht durch schlechtes Wetter, Naturkatastrophen, technische Probleme oder Streiks in verschiedenen Minen rund um den Globus, in den Vordergrund.
Infolgedessen sind die physischen Nickellagerbestände an der Londoner Metallbörse (LME) um 17 Prozent gesunken und die Nickel-Preise zurück auf das Niveau des Sieben-Jahres-Hochs vom Februar gestiegen. Das knappe Angebot dürfte die Preise kurzfristig weiter anschieben. Sobald sich auf der Angebotsseite Entspannung abzeichnet, sollte insbesondere die hohe Nachfrage aus dem Bereich der Elektrofahrzeuge einen möglichen Preisrückgang abbremsen. Nickelproduzenten könnten also weiterhin interessant bleiben.
