Die Treibhausgas-Emissionen in der EU sollen 2030 um 55 Prozent niedriger ausfallen als 1990, die Notenbanken einiger Schwellenländer vollziehen eine Zinswende, und brasilianische Aktien legen seit Jahresbeginn in Euro um 14 Prozent zu.

EU: Wie sollten die Klimaziele erreicht werden?

Die Treibhausgas-Emissionen in der Europäischen Union (EU) sollen 2030 um 55 Prozent niedriger ausfallen als 1990. Wie dies gelingen soll, hat die EU-Kommission in einem mehrere Tausend Seiten langen Maßnahmenpapier aufgeschrieben, das vergangene Woche vorgelegt wurde. Unter anderem hebt die Kommission darin ihre Zielvorgabe für Erneuerbare Energien an. Der Ökostromanteil am Energieverbrauch soll 2030 bei 40 Prozent liegen – doppelt so hoch wie heute. Experten schätzen, dass hierzu der jährliche Ausbau der Solar- und Windenergiekapazitäten um das Zweieinhalbfache zunehmen müsste. Aktien von Unternehmen aus dem Bereich Grüne Energie sollten von diesen Aussichten langfristig am stärksten profitieren können. Zudem könnten weitere Faktoren die Kurse im Jahresverlauf stützen:
 
Eine mögliche Regierungsbeteiligung von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN als Koalitionspartner nach den Bundestagswahlen im September.
Die Verlängerung der Steuergutschriften für Wind- und Sonnenenergie in den USA.
Die Klimakonferenz der Vereinten Nationen im November, bei der neue ambitionierte Klimaziele vermeldet werden könnten.
 
Maßnahmen zur Reduzierung des Energieverbrauchs bei Gebäuden, im Verkehr sowie in der industriellen Fertigung sollen etwa 40 Prozent zur Erreichung der Klimaziele beitragen. Die Investitionen in Europa betragen in diesem Bereich seit einigen Jahren etwa 100 Milliarden Euro pro Jahr, ohne dass es zu einem signifikanten Anstieg kam. 2021 könnte sich dies mit erwarteten Aufwendungen in Höhe von etwa 115 Milliarden Euro erstmals ändern. Vor allem die von der EU geplante Ausweitung des EU-Emissionshandels auf den Verkehrs- und Gebäudesektor könnte starke Anreize zur Steigerung der Maßnahmen in die Energieeffizienz setzen. Denn dadurch wird beispielsweise der Einbau von Wärmepumpen oder Solaranlagen in Wohnhäusern sowie die Elektrifizierung des Verkehrs attraktiver, da Energieverbrauch und -kosten sinken. Neben Fahrzeugherstellern und Bauunternehmen dürften meines Erachtens auch Anbieter im Bereich Energiemanagementsysteme und Erneuerbare Energien von wachsenden Investitionen in die Energieeffizienz nachhaltig profitieren.

Steigender Leitzins, aufwertende Währung?

Die Notenbanken in einigen Schwellenländern haben bereits die Leitzinsen angehoben, während die Währungshüter der USA, der Eurozone, Japans und der Schweiz keinerlei Eile an den Tag legen. Weitere Kandidaten, die diesem Beispiel folgen könnten, sehe ich hauptsächlich in Ländern, die ein starkes Standbein in Rohstoffexporten haben. Im September dürften beispielsweise Norwegens Währungshüter an der Zinsschraube drehen. Die kanadische Notenbank reduzierte bereits ihre Anleihekäufe und sollte spätestens 2022 folgen. Etwas überraschend teilten nun auch Neuseelands Notenbanker mit, zeitnah aus der expansiven Geldpolitik aus zusteigen; dabei kündigten sie einen sofortigen Stopp der Anleihekäufe zum Ende dieser Woche an. Auch scheint eine erste Zinserhöhung nun bereits im August möglich, zumal die Inflationsrate auch in Neuseeland auf einem Zehn-Jahres-Hoch liegt und Häuserpreise stark ansteigen. Nun sind für den Außenwert einer Währung neben anderen Faktoren die kurzfristigen Kapitalmarktzinsen von großer Bedeutung, da Großinvestoren sich oft in Niedrigzinswährungen verschulden, um diese Gelder zinsbringend in anderen Währungen anzulegen. Somit könnten die Währungen der Länder, die früh in den Zinserhöhungszyklus einsteigen, Aufwertungspotenzial besitzen.

Brasilien: Wirtschaftliche Erholung nimmt Fahrt auf

Der Index MSCI Brasilien – der rund 85 Prozent des brasilianischen Aktienmarktes abbildet – hat seit Jahresbeginn in Euro knapp 14 Prozent zugelegt; in den vergangenen vier Monaten waren es sogar 22 Prozent.
Brasiliens Wirtschaft hatte die Erwartungen im ersten Quartal mit einem Wachstum von einem Prozent gegenüber dem Vorjahr leicht übertroffen, trotz der Coronavirus-Pandemie und maßgeblich getrieben durch den Boom der Rohstoffpreise. Im zweiten Quartal hat die wirtschaftliche Erholung weiter an Schwung gewonnen. Darauf deutet auch der starke Anstieg eines viel beachteten Frühindikators wie des IHS Markit Einkaufsmanagerindex im Juni hin. Für das Verarbeitende Gewerbe kletterte er von 53,7 im Mai auf 56,4 Punkte und für die Dienstleistungsbranche sogar von 48,3 auf 53,9 – der stärkste Zuwachs seit 2013. Die mit 25 Prozent im Index gewichtete Finanzbranche könnte im zweiten Halbjahr von der dortigen wirtschaftlichen Erholung profitieren. Unternehmen der Grundstoff- und Energiebranchen – die rund 38 Prozent des Index ausmachen – dürften bei anhaltend hohen Rohstoffpreisen deutlich wachsende Umsätze im Vergleich zum Vorjahr erzielen. Mit einem erwarteten Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von zwölf für die kommenden zwölf Monate ist Brasiliens Aktienmarkt allerdings höher bewertet als die Mehrheit der Aktienbörsen Lateinamerikas, die es im Schnitt auf ein KGV von zehn bringen.