Fondsmanager bewerten die Börsenaussichten weiterhin ausgesprochen gut, die Inflation in Europa zieht an, und Nebenwerte-Anleger beobachten Mergers & Acquisitions.

Fondsmanagerumfrage: Börsenprofis optimistisch

Einer monatlichen Umfrage zufolge bewerten Fondsmanager die Börsenaussichten weiter ausgesprochen gut. Drei Viertel der Befragten denken außerdem, dass die globale Konjunktur im Jahresverlauf zusätzlich an Fahrt aufnehmen wird. Zudem hält knapp die Hälfte der Börsenprofis einen Rücksetzer des S&P 500 um mehr als zehn Prozent für unwahrscheinlich. Entsprechend behalten die Fondsmanager die chancenreiche Ausrichtung ihrer Portfolios bei und setzen mehrheitlich auf konjunktur- und zinssensitive Sektoren wie Finanzen, Industrie und Grundstoffe. Gefragt nach der aussichtsreichsten Anlageklasse für die nächsten vier Jahre nannte jeweils rund ein Viertel der Befragten Substanzwerte (Engl.: „Value“) sowie Technologie-Aktien. Beide zählen auch zu meinen Favoriten.
 
Großes Potential sehe ich darüber hinaus bei Aktien aus dem Bereich „Grüne Energie“, die in den kommenden Jahren deutlich von den Klimaschutzbemühungen der globalen Staatengemeinschaft profitieren sollten und mir nach dem Kursrutsch im ersten Quartal nicht mehr übermäßig teuer bewertet erscheinen.

Großbritannien: Beginn einer Lohn-Preis-Spirale?

Der britische Arbeitsmarkt zeigt infolge der Lockerungen pandemiebedingter Einschränkungen deutliche Erholungstendenzen. Beeindruckend ist insbesondere der erhebliche Anstieg der durchschnittlichen Löhne und Gehälter. Im Drei-Monats-Zeitraum bis Ende April lagen diese 5,6 Prozent über dem Vergleichszeitraum des Vorjahres. Zwar ist dies teilweise auf Basiseffekte zurückzuführen, da im Zuge des ersten Lockdowns im April 2020 die Löhne sanken. Analysten erwarten jedoch weitere Lohnzuwächse bis Ende Juni, die bis zu acht Prozent im Vergleich zum Vorjahr betragen könnten. Übergeordnet betrachtet dürfte sich anhand der Lohnentwicklung auch entscheiden, ob die momentan anziehenden Inflationsraten ein vorübergehendes Phänomen sind oder gekommen sind, um zu bleiben. Eine sich potenziell verfestigende Lohn-Preis-Spirale auch in den USA und in Europa könnte mittelfristig ein Ende der expansiven Geldpolitik der Notenbanken zur Folge haben; Anleger sollten ihr Portfolio somit wetterfest hinsichtlich steigender Kapitalmarktzinsen aufstellen.

Inflation: Folgen steigender Inputkosten

Die Inflation zieht in Europa infolge der schnellen Konjunkturerholung, der steigenden Preise für Rohstoffe und Emissionszertifikate, der Lieferkettenengpässe sowie der auslaufenden Mehrwertsteuersenkungen an. Unternehmen aus den Sektoren Logistik, Maschinen- und Anlagebau, Software und Luxusgüter haben in der Vergangenheit bewiesen, dass sie mit höheren Preisen für Grundstoffe und Vorprodukte umgehen können. Luxusgüter-Unternehmen beispielsweise haben in den vergangenen zehn Jahren trotz steigender Kosten ihre Bruttomargen um 11,5 Prozentpunkte auf über 65 Prozent ausgeweitet. Sie besitzen augenscheinlich ausreichend Preissetzungsmacht, um die Mehrkosten an ihre Kunden weiter zureichen. Vielen Konzernen gelingt dies jedoch nur eingeschränkt, sie verzeichnen stattdessen sinkende Margen. Dazu zählen zum Beispiel Automobilhersteller außerhalb des Premiumsegments – für die Kupfer und Stahl wichtige Rohstoffe darstellen – oder die Basiskonsum- und Lebensmittelbranchen – die über hohe Preise für Verpackungen und Chemikalien klagen. Mittelfristig könnten sich auch arbeitsintensive Sektoren wie Freizeit und Gastronomie hinzugesellen, sollten die Löhne wieder stärker steigen. Anhaltende Spekulationen über die Nachhaltigkeit des Inflationsanstiegs sollten demnach gerade bei Aktien dieser Branchen Schwankungen auslösen. Zulegen sollten neben Aktien von Rohstoffunternehmen hingegen vor allem Finanztitel. Diese profitieren davon, dass wegen der Inflation die Kapitalmarktzinsen ansteigen. Beide Sektoren halte ich deshalb im aktuellen Marktumfeld bei entsprechender Risikobereitschaft für interessant.

Nebenwerte: Zusatzrendite durch M&A

Für Anleger in Nebenwerte ist Mergers & Acquisitions (M&A) seit jeher ein wichtiger Faktor. Schließlich waren kleine und mittelgroße Unternehmen (KMU) bei 95 Prozent aller weltweiten Übernahmen in den vergangenen 25 Jahren das Übernahmeziel. Im Durchschnitt lag der gezahlte Preis dabei etwa 30 Prozent über dem jeweiligen Börsenwert. Daraus ergibt sich, dass Nebenwerte-Anleger beispielsweise in Europa pro Jahr durchschnittlich zwei Prozent Rendite einzig durch Übernahmen eingestrichen haben; bei Blue Chips belief sich diese „M&A-Rendite“ hingegen nur auf 0,4 Prozent. Angesichts überdurchschnittlich vieler Übernahmen europäischer KMU in den ersten fünf Monaten des laufenden Jahres (mehr als 120, der höchste Wert seit der Weltfinanzkrise) und einem gezahlten Aufschlag von 37 Prozent sollten sich Nebenwerte-Anleger 2021 wahrscheinlich sogar über mehr als zwei Prozent Zusatzrendite freuen können. Dies spricht strukturell dafür, in einem gut diversifizierten Portfolio neben Aktien von Großkonzernen auch vermehrt auf Nebenwerte zu setzen.